ZBW MediaTalk

Besonders beim Blick auf die Facebook- (rund 11.000 Follower:innen) und Instagram-Kanäle (3700 Follower:innen) der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) wird schnell klar, dass diese auf Social Media irgendwas ziemlich richtig macht. Daneben ist die BSB auf Twitter, YouTube und Flickr auf unterschiedliche Weise aktiv. Wir haben zwei Mitarbeitende nach ihren Zielgruppen, Erfolgsrezepten und besonders gut laufenden Themen gefragt.

Ein Interview mit Peter Schnitzlein und Sabine Gottstein aus dem Stabsreferat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsbibliothek in München.

Warum ist es aus eurer Sicht wichtig, dass Bibliotheken und digitale Infrastruktureinrichtungen auf Social Media aktiv sind?

Hier können wir nur auf das im ZBW MediaTalk veröffentlichte Interview zu den sieben „glorreichen“ Gründen verweisen: Warum Bibliotheken dauerhaft in Social Media aktiv sein müssen!

Bestimmte Zielgruppen sind heute schlichtweg nicht mehr mit „klassischen“ Kommunikationskanälen wie der Pressearbeit oder einer Bibliothekszeitschrift – egal, ob analog oder digital herausgegeben – zu erreichen. Diese Zielgruppen erreicht man eher – differenziert nach Alter und inhaltlicher Ausrichtung – über die jeweils passenden und entsprechenden Social-Media-Kanäle. Das bedeutet nicht, dass klassische Kommunikationsarbeit in absehbarer Zukunft wegfällt – im Gegenteil. Es ist aber zu konstatieren, dass das Social-Media-Engagement einen zunehmend größeren Anteil an der Gesamtkommunikation einer Bibliothek einnimmt. Dem muss Rechnung getragen werden.

An der Bayerischen Staatsbibliothek seid ihr auf Social Media sehr aktiv. Was sind eure Ziele mit und Zielgruppen auf den unterschiedlichen Kanälen? Warum habt ihr euch gerade für diese entscheiden?

Ziel des Engagements in den sozialen Medien ist es, primär über die Bayerische Staatsbibliothek, ihre Services, Bestände und Informations- und Nutzungsangebote zu informieren, für das Haus zu interessieren bzw. die Wahrnehmung desselben positiv zu beeinflussen sowie ggf. durch unterhaltende Elemente die Bindung zum Haus zu stärken. Die Aktivitäten dienen der Sichtbarmachung der Bibliothek in der digitalen oder virtuellen Öffentlichkeit als international bedeutende Universal- und Forschungsbibliothek sowie als wichtige Kultureinrichtung auf lokaler wie regionaler und nationaler Ebene. Die sozialen Medien unterstützen in idealer Weise das strategische Ziel der Bayerischen Staatsbibliothek, als deutschlandweit führende digitale Bibliothek mit umfangreichen, innovativen digitalen Nutzungsangeboten und als Schatzhaus des schriftlichen und bildlichen Kulturerbes wahrgenommen zu werden. Der Partizipation und der Vernetzung mit Stakeholder:innen und Fachcommunities wird in der Kommunikation große Bedeutung zugemessen.

So umfangreich und breit gestreut die Handlungsfelder der Bayerischen Staatsbibliothek sind, so vielfältig und unterschiedlich sind die Zielgruppen, die es zu beachten und zu bedienen gilt. Wir betreiben eigene Kanäle auf Twitter, Instagram, Facebook, YouTube und Flickr. Mit diesen fünf, von der Bibliothek ausgewählten Social-Media-Kanälen hofft man, das Gros der Zielgruppen in geeigneter Weise ansprechen zu können. Dabei lässt sich grob formuliert und sicherlich stark verallgemeinert Folgendes feststellen:

  1. Twitter bedient primär Fachcommunities, thematisch verwandte Einrichtungen oder beispielsweise Multiplikator:innengruppen wie Presse- und Medienvertreter:innen.
  2. Via Instagram soll eine jüngere Zielgruppe (20 – 35 Jahre) erreicht werden,
  3. wohingegen sich Facebook eher an die Altersgruppe 30 bis 55 richtet. Die beiden Kanäle sollen Nutzende ebenso ansprechen wie ein kultur- und bibliotheksaffines, breites Publikum.
  4. Mit Youtube wollen wir uns nicht ausschließlich, aber primär an alle ab16 wenden, eigentlich an alle, die im Digitalen zuhause sind. Erklärvideos zu Webinaren, zur Nutzung der Bibliothek oder einer neuen App sind hier ebenso gefragt wie die Vorstellung besonderer Bibliotheksschätze. Videocontent ist aktuell das Maß aller Dinge und wir werden dem Kanal in Zukunft besondere Aufmerksamkeit schenken.
  5. Das Fotoportal Flickr nutzen wir weniger als Social Media-Kanal denn als Dokumentationsort, um wichtige Bilder vom Haus und von Ausstellungsplakaten an einer zentralen Stelle anbieten zu können, auch für externe Anfragen nach Bildern von der BSB.

Neben den Corporate-Kanälen werden in der Bayerischen Staatsbibliothek übrigens zahlreiche Fachkanäle von einzelnen Abteilungen, Projekten oder Fachinformationsdiensten betrieben. Grund hierfür ist die Tatsache, dass bestimmte (fachliche) Zielgruppen durch Corporate-Kanäle nicht erfolgreich angesprochen werden können. Auch kann das fachliche Know-how in der zentralen Social-Media-Redaktion vor dem Hintergrund der immensen Bandbreite der von der Bayerischen Staatsbibliothek bespielten Themenfelder nicht ausreichend vorhanden sein. Abstimmungsprozesse wären zu aufwändig und langwierig, um erfolgreich Beiträge zu generieren und schnell und effizient handeln zu können – ein ganz wesentlicher Aspekt in der Social-Media-Kommunikation.

Seit wann seid ihr in den sozialen Medien präsent?

Die Bayerische Staatsbibliothek hat sich diesem Kommunikationsfeld relativ früh gewidmet. Seit 2009 sind wir auf Facebook, Twitter und YouTube aktiv, bereits seit 2007 auf Flickr und seit 2016 auf Instagram. Eine weitere Ausweitung der Aktivitäten ist derzeit nicht geplant. Angesichts der Kurzlebigkeit und Innovationsgeschwindigkeit in diesem Bereich mag sich das aber kurzfristig auch ändern. Insofern ist hier immer nur ein tagesaktueller Sachstandsbericht möglich.

Welche Themen finden auf euren Social-Media-Kanälen statt?

Gut zusammenfassen lassen sich die Inhalte, die die BSB postet, wie oben erwähnt, unter „informieren, interessieren, unterhalten“. Oft werden auf Facebook und Twitter die gleichen Inhalte veröffentlicht, allerdings werden fachspezifischere Themen, die primär die Fachcommunity und Multiplikator:innen interessieren sollen, eher auf Twitter publiziert. Bei Instagram ist immer das ansprechende Bild, neuerdings auch Video, das entscheidende Kriterium. Generell spielt bei Instagram ebenso wie bei Facebook ein gewisser Unterhaltungsfaktor durchaus ebenso eine Rolle wie der primäre Ansatz, zu informieren.

Um die Social-Media-Kanäle für eine Einrichtung wie eure gut zu „füttern“, braucht es Menschen, die an das Social-Media-Team denken und Informationen und Geschichten weitergeben, die vielleicht auch mal bereit sind, selbst in Erscheinung zu treten. Wie schafft ihr es, andere Mitarbeitende dazu zu aktivieren, euch mit Infos, Geschichten und Ideen für eure Kanäle zu versorgen?

Die Rekrutierung der Themen erfolgt in enger Zusammenarbeit und ständigem Austausch mit den Fachabteilungen im Haus. Dort gibt es Social-Media-Ansprechpartner:innen, die relevante Inhalte aus der eigenen Abteilung an die zentrale Social-Media-Redaktion melden. Diese wiederum fragt bei Bedarf ggf. auch gezielt in den Bereichen nach. Die Direktion des Hauses unterstützt und begrüßt es ausdrücklich, wenn sich die Fachabteilungen, Projekt- und Arbeitsgruppen aktiv an der Social-Media-Arbeit des Hauses beteiligen.

Das Social-Media-Team stellt darüber hinaus aktiv Bezüge zu anderen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen her, greift bibliotheksrelevante Themen auf und kommentiert. Auch die Erstellung eines Themen- und Redaktionskalenders mit Jahrestagen, Jubiläen, Events u.ä. erleichtert das Identifizieren von passenden Inhalten für die Social-Media-Kanäle.

Im Stabsreferat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wird derzeit so etwas wie ein zentraler „Newsroom“ aufgebaut. Hier sollen auch Informationen für Pressethemen oder Inhalte für Bibliothekszeitschriften einlaufen. Die Social-Media-Redaktion erfährt damit automatisch auch von Themen, die primär für andere Kommunikationskanäle gedacht sind, und kann dann entscheiden, inwieweit diese in die Social-Media-Arbeit einfließen.

Welche Themen oder Postingformate funktionieren für euch besonders gut und warum?

Generell können wir feststellen, dass Meldungen mit Bezug zum aktuellen Geschehen gut funktionieren:

So erzielten unsere Tweets, die den Überfall auf die Ukraine verurteilen, oder unsere Teilnahme am SUCHO-Projekt (Search for Ukrainian Cultural Heritage) eine große Reichweite, ebenso aber auch ein humorvoller Tipp zur Abkühlung im heißen Sommermonat Juli. Der Auftakt zu einem gerade in München gestarteten Bibliotheksaustausch mit Kolleg:innen der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) und der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB) löste viele Interaktionen auf Twitter aus.

Auf Facebook waren der Post zum Welttag des Buches am 22. April mit Verweis auf die Ottheinrich-Bibel, eine unserer Prachthandschriften, zusammen mit einer Serie von Archivfotos von Queen Elisabeth II anlässlich ihres Todes sehr erfolgreich.

Attraktive Bilder auf Twitter und Facebook – insbesondere Posts mit Drei- oder Vierbildkompositionen – sind nach wie vor entscheidend für den Erfolg. Die Einbettung von Videos bei Twitter und Facebook hingegen erzielt auf unseren Kanälen erstaunlicherweise nicht das gewünschte Ergebnis. Im Gegenteil. Diese Posts und Tweets erzielen geringe Reichweite und Zuspruch.

Instagram Post der Bayerischen Staatsbibliothek: “Dürfen wir Ihnen das Du anbieten?”

Auf Instagram werden hingegen neben guten Bildposts im Feed, begleitet von lockeren, gern auch humorvollen Beschreibungen, Kurzvideos in Form von Reels immer wichtiger. Dieses Format haben wir insbesondere für unsere Ausstellung #olympia72inbildern erfolgreich eingesetzt. Beide Beitragsformate profitieren auch davon, wenn zusätzlich über Stories darauf hingewiesen werden.

Im Bereich Social Media geht ja manchmal auch was schief. Was war euer schönster Fail?

Richtig schief ist – mit einer Ausnahme (s.u.) – bisher glücklicherweise noch nie etwas gelaufen, allerdings werden wir hin und wieder (berechtigterweise) darauf hingewiesen, dass wir das Gendern in den Tweets nicht vergessen dürfen.

Und hattet ihr auch schon mal einen Shitstorm? Was habt ihr daraus gelernt?

Ja, hatten wir, zumindest ansatzweise – und wir denken ungern daran zurück. Wir haben aus dem Vorfall allerdings viel im Umgang mit den sozialen Medien gelernt. Grundfehler damals war es, hinsichtlich des Wordings, der Follower:innen- und Fan-Ansprache und der Bereitschaft, zu erklären, nicht die jeweils kanalspezifischen Erfordernisse beachtet zu haben.

Tipps & Tricks: Was sind eure Tipps für Bibliotheken, die gern mit Social Media durchstarten möchten?

Wichtig ist zuallererst, eine ehrliche und eingehende Analyse. Social Media bindet Ressourcen und zwar ganz erheblich. Ein ledigliches „Nebenbei“-Erledigen wird nicht zum gewünschten Ergebnis führen und birgt darüber hinaus Gefahren. Wer aktiv werden will, muss affines Personal mit dem entsprechenden Know-how und ausreichenden zeitlichen Ressourcen haben. Unabdingbar ist die Definition der Zielgruppen sowie die Identifizierung einer dauerhaft ausreichenden Anzahl von Themen.

War Social Media in den Anfangszeiten textbasiert, so gibt es heute keinen Post und keinen Tweet mehr ohne Bild. Auf einigen Kanälen ist inzwischen Videocontent das Maß aller Dinge, man denke nur an die Reels auf Instagram, Videoplattformen wie YouTube oder das omnipräsente TikTok. Sie werden aktuell immer populärer und setzen Trends. Diese Entwicklungen sind bei allen Überlegungen zur Online-Kommunikation zu berücksichtigen.

Wer Social Media als Mittel der Bibliothekskommunikation nutzen möchte, muss für sich prüfen, ob man es ressourcenseitig tatsächlich leisten kann, alle derzeit wichtigen Kanäle zu bespielen und welche Zielgruppen man mit welchen Kanälen eigentlich bedienen möchte. Die Erstellung eines – ggf. auch nur kurzen – schriftlichen Konzepts hilft dabei, diese Fragen zielgenau zu beantworten. Eventuell ist beispielsweise die Konzentration auf einen Kanal getreu dem Motto „Weniger ist mehr“ ein probates Mittel, bei beschränkten Ressourcen angemessen erfolgreich agieren zu können.

Zum Schluss noch ein kleiner Blick in den Zauberkasten: Was sind eure Lieblingstools für Social Media?

Mit „Creator Studio“ lassen sich Feed-Beiträge für Instagram auch bequem vom Rechner und nicht nur vom Handy posten, eine erhebliche Arbeitserleichterung. Dann wäre hier natürlich der bereits oben erwähnte Redaktions- und Themenplan zu nennen. Er ist das zentrale Arbeitsinstrument, um kanalübergreifend Themen und Inhalte im Blick behalten und abarbeiten zu können. Neben den Meldungen aus der Direktion und den Abteilungen enthält er möglichst viele Events, Anlässe, Jubiläen, relevante Geburts- oder Todestage o.ä. Schließlich wären noch die Apps „Mojo“ und „Canva“ zu nennen, mit deren Hilfe Instagram-Stories, Reels, Social-Media-Posts und visuelle Inhalte erstellt und bearbeitet werden können – bis hin zur Untermalung von Clips mit gebührenfreier Musik.

Dieser Blogartikel steht unter der Lizenz CC BY-NC-ND.

Die Bayerische Staatsbibliothek im Netz

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Wir sprachen mit:
Peter Schnitzlein absolvierte 1993 die Abschlussprüfung zum Diplom-Bibliothekar, FH (wB) und 2018 die modulare Qualifizierung für die QE4. Seit 2007 ist er Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher der Bayerischen Staatsbibliothek.
Porträt: BSB©, Fotograf: H.-R. Schulz

Sabine Gottstein hat Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraumstudien studiert, war im In- und Ausland im Kommunikationsbereich tätig und arbeitet seit 2015 für die Bayerische Staatsbibliothek. Sie leitet im Stabsreferat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit das Social-Media-Team.
Porträt: BSB©, Fotograf: H.-R. Schulz

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