ZBW MediaTalk

von Claudia Sittner

Profile öffentlicher Einrichtungen auf kommerziellen sozialen Netzwerken bereiten Datenschützer:innen in ganz Deutschland schon lange Unbehagen. Doch bis 2016 fehlte es an ebenbürtigen Alternativen. Mastodon könnte so eine Alternative sein. Das dezentrale Netzwerk vom Software-Entwickler Eugen Roschko ist Open-Source und der Quelltext auf Github frei einsehbar. Vor allem die Dezentralität macht Mastodon auch unter Open-Science-Aspekten somit zur guten Wahl.

Was ist Mastodon? Video von Mastodon auf Youtube

Im Gegensatz zu Plattformen wie Facebook oder Twitter ist es nicht-kommerziell, werbefrei und wird von Freiwilligen, bei denen es sich auch um Organisationen handeln kann, auf sogenannten Instanzen betrieben. Die Instanzen sind Knotenpunkte, also Server, auf denen das Netzwerk dezentral liegt. Gemeinsam bilden sie das Fediverse – eine Wortkreuzung von „Federated“ und „Universe“. Das Fediverse ist das generisches Konzept für ein Netzwerk von föderierten Systemen, Mastodon ein Beispiel, das ein bestimmtes Protokoll (ActivityPub) implementiert.

Datenschutz und Mastodon

Auch weil das Netzwerk sich nicht aus Werbeeinnahmen finanziert, was in der Praxis fast immer das Sammeln und Verwerten persönlicher Daten bedeutet, kann es datenschutzkonform betrieben werden. Für Datenschützer:innen ist aber vor allem die Dezentralität der große Bonus. Sie gilt als datenschutzkonformer, weil nicht alle Daten an einem zentralen Punkt gesammelt werden. Natürlich können auch kommerzielle Anbieter:innen eine Instanz hosten, aber das wäre dann eben jeweils nur eine von vielen. Viele Mastodon-Knotenpunkte haben auch eigene Datenschutzerklärungen. Auftragsverarbeitungsverträge gibt es allerdings nicht. Die Wahl einer Instanz ist also letztendlich Vertrauenssache.

Die erhöhte Vereinbarkeit mit dem Datenschutz führte unter anderem dazu, dass sich einige deutsche Behörden und Datenschützer:innen, wie der Datenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, dort ein Profil zulegten.

Sich auf Mastodon einen Account anlegen: zwei Schritte

Auf Mastodon können die Nutzenden sich Accounts anlegen, was in zwei Schritten erfolgt. Im ersten Schritt suchen sie sich eine passende Instanz aus. Diese unterscheiden sich in Bezug auf die Community, die sich dort angesiedelt hat, die Nutzungsrichtlinien, die Zahl der Nutzenden, die Sprache und den Umgangston. Letzterer wird in den Nutzungsregeln der Instanz festgelegt. Wer sich nicht daran hält, kann relativ schnell von den Admins ausgeschlossen werden. Da die einzelnen Instanzen viel weniger Accounts haben als sonstige soziale Netzwerke kann ein Rauswurf auf Mastodon auch tatsächlich recht zügig erfolgen. Dort ist sogar der Ausschluss ganzer Instanzen aus dem Fediverse möglich, wenn beispielsweise keine Nutzungsregeln vorliegen oder sich nicht daran gehalten wird und zu häufig gravierende account-übergreifende Verstöße vorkommen.

Eine passende Instanz finden

Aktuell gibt es um die 3.800 Mastodon-Instanzen und 5,2 Mio. Nutzende (Juli 2022). Bei der Suche nach der passenden Instanz helfen beispielsweise Filtersysteme oder Blogbeiträge wie dieser hier. Als wir uns 2018 einen Account auf Mastodon erstellt haben – damals im Schweif des Skandals um Cambridge Analytica – haben wir uns für die OpenBiblio-Instanz entschieden. Sie wird von der Stabi Berlin betrieben. Stetig wachsend hostet OpenBiblio aktuell knapp 400 Profile. Um die 29.000 Beiträge wurden hier bisher gepostet. Mittlerweile hat sich die Instanz für die deutschsprachige Bibliotheksszene gut etabliert.

ZBW-MediaTalk auf Mastodon

Wie an diesem Beispiel zu sehen ist, kann der Name der Instanz bereits etwas über ihre Hintergründe, Themenschwerpunkte und die Interessen der anderen Profile dort aussagen. Aber keine Sorge, die Entscheidung für eine Instanz ist keine Lebensentscheidung: Sollte man sich nicht heimisch fühlen, ist ein Wechsel möglich. Follower:in können mitgenommen werden, einiges andere auch, Postings leider nicht. Im zweiten Schritt lässt sich dann der Nutzer:innen-Account anlegen. In der Account-URL findet sich auch der Name der Instanz wieder, in unserem Fall: https://openbiblio.social/web/@ZBW_MediaTalk.

Beiträge verfassen auf Mastodon

Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Nur weil unser Account auf der OpenBiblio-Instanz gehostet ist, heißt das nicht, dass wir ausschließlich anderen auf dieser Instanz folgen und nur deren Beiträge sehen können, denn alle Instanzen sind ja zum Fediverse verknüpft. Oft wird die Kommunikation mit E-Mails verglichen: Auch, wenn ich ein Googlemail-Konto habe, kann ich Mails an Inhaber:innen eines Web.de-E-Mail-Accounts schreiben und welche von ihnen empfangen. Das Praktische: Mit einem Mastodon-Account kann ich auch Nutzenden mit Profilen auf anderen Fediverse-Diensten wie Pixelfed, wo es um Fotos geht, folgen.

Wir können also allen anderen Accounts folgen und umgekehrt. Dem Verfassen eigener Beiträge, die auf Mastodon „Tröts“ (engl. „Toots“) heißen, steht nichts mehr im Wege. Ein Tröt besteht aus maximal 500 Zeichen. Wie gewohnt, können Bilder, Videos oder Ähnliches angehängt werden. Das, was auf Twitter „Retweet“ heißt, ist auf Mastodon ein „Boost“. Statt Herzchen oder Likes vergeben die Nutzenden Sternchen.

MediaTalk im Testbetrieb auf Mastodon

Nach dem Wirbel um den Tweet von Elon Musk zum Kauf von Twitter haben wir uns entschlossen, unser Profil auf Mastodon mit Leben zu füllen. Da wir das vorerst im Testbetrieb machen, läuft das so ab, dass wir unsere Tweets dort spiegeln. Dazu benutzen wir aktuell das kommandozeilenbasierte Tool t2m. Das ist zwar schon etwas älter, ist aber Open-Source und lässt sich bequem auf einem eigenen Server betreiben. Es gibt auch Online-Tools für diese Form der Spiegelung, bei denen aber eine datenschutzkonforme Nutzung fraglich ist. Aus den genannten Gründen sind wir jetzt auf Mastodon aktiv, erstmal vorläufig. Wir sind aber zuversichtlich, dauerhaft dort zu sein. In welcher Form, nach einer gewissen Testphase, ist noch offen. Wer also seit Musks Tweet oder aus Datenschutzbedenken auf Twitter nicht mehr glücklich ist, verpasst nichts, wenn er uns auf Mastodon folgt, worüber wir uns, ganz nebenbei, sehr freuen.

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Über die Autor:in

Claudia Sittner studierte Journalistik und Sprachen in Hamburg und London. Sie war lange Zeit Referentin beim von der ZBW herausgegebenen Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik und ist heute Redakteurin des Blogs ZBW MediaTalk. Außerdem ist sie freiberufliche Reise-Bloggerin. Sie ist auch auf LinkedIn, Twitter und Xing zu finden.
Porträt: Claudia Sittner©

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Claudia Sittner studierte Journalistik und Sprachen in Hamburg und London. Sie war lange Zeit Referentin beim von der ZBW herausgegebenen Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik und ist heute Redakteurin des Blogs ZBW MediaTalk. Außerdem ist sie freiberufliche Reise-Bloggerin. (Porträt: Claudia Sittner©)

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