Open Access Barcamp 2022: Hier traf sich die Community

von Hannah Schneider und Andreas Kirchner

In diesem Jahr fand das Open Access Barcamp am 28. und 29. April 2022 abermals online statt. Jeweils von 9:00 bis 14:30 Uhr hatten die rund 50 Teilnehmenden die Möglichkeit, sich selbst ein abwechslungsreiches Programm zusammenzustellen und dabei rege über aktuelle Open-Access-Themen zu diskutieren.

Open Access Barcamp 2022 Agenda

Was sich im letzten Jahr bewährt hatte, wurde erneut aufgegriffen: Um den Austausch online zu fördern, wurde auch diesmal auf das innovative Konferenztool Gather zurückgegriffen und bei der Programmgestaltung Wert auf Möglichkeiten zum Austausch und zur Vernetzung gelegt. So wurde ein Speed-Dating-Format in das Programm integriert und eine offene Runde an Thementischen angeboten. Ausgerichtet wurde das Barcamp einmal mehr vom Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz im Rahmen des Projekts open-access.network. Bei der interaktiven Sessionplanung am ersten Tag wurde deutlich, dass sich die Open-Access-Community aktuell mit sehr vielfältigen Themen beschäftigt.

Abbildung 1: Tweet open-access.network zu den Thementischen

In der ersten Session wurde die von der TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften und Universitätsbibliothek kürzlich veröffentlichte Studie „Wirkungen von Open Access“ vorgestellt. Die Literaturstudie untersuchte 61 empirische Arbeiten aus dem Zeitraum 2010–2021. Dabei wurden verschiedene Wirkungsdimensionen von Open Access analysiert, darunter Aspekte wie die Aufmerksamkeit in der Wissenschaft, die Qualität der Publikationen, die Ungleichheit im Wissenschaftssystem oder die ökonomischen Auswirkungen auf das Publikationssystem. Besonders intensiv diskutiert wurde das Ergebnis zum Zitationsvorteil von Open-Access-Publikationen. Hier fielen die Daten weniger klar aus als erwartet. Es wurde jedoch auch angemerkt, dass es bei der Messung zu methodischen Schwierigkeiten in diesem Bereich kommen kann. Am Ende stand das Ergebnis, dass weiterhin von einem Zitationsvorteil von Open Access ausgegangen und dieser auch in Beratungsgesprächen angeführt werden kann: „alle Studien, die keinen Vorteil zeigen, belegen nicht automatisch einen Zitationsnachteil“ (Äußerung aus dem Kreise der Teilnehmenden).

Tools und Projekte zur Unterstützung von Open Access

Besonders gefragt waren in diesem Jahr verschiedene Tools zur Unterstützung des Open-Access-Publizierens. Mit „B!SON“ wurde ein für viele Wissenschaftler:innen hilfreicher Empfehlungsservice vorgestellt, der dabei hilft, eine passende Open-Access-Zeitschrift für bereits verfasste Artikel zu finden. Auf Basis der Eingabe von Titel, Abstract und Referenzen zeigt das Tool geeignete Open-Access-Zeitschriften an und versieht sie mit einem Score, an dem sich die Passgenauigkeit ablesen lässt. Es wurde/wird von der TIB und der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) entwickelt. Mit dem „oa.finder“, der von der Universitätsbibliothek Bielefeld im Rahmen des Projekts open-access.network entwickelt wird, wurde ein weiterer nützlicher Service vorgestellt, der in eine ähnliche Richtung zielt. Mit diesem Recherchetool können Autor:innen über die Eingabe der eigenen Rolle im Einreichungsprozess sowie der Wissenschaftseinrichtung, an der sie tätig sind, geeignete Publikationsorte finden. Über verschiedene Such- und Filtermöglichkeiten lässt sich das Ergebnis auf individuelle Bedarfe anpassen. Beide Tools befinden sich in der Beta-Version – Feedback war und ist weiterhin ausdrücklich erwünscht. Eine weitere Session widmete sich der Frage, was bei einer Konvertierung von PDF zu pdf/a im Rahmen der Langzeitarchivierung zu beachten ist und welche Tools für eine Validierung der pdf/a-Dateien herangezogen werden können. Genannt wurden hier Vor- und Nachteile von Tools wie JHOVE, veraPDF oder AvePDF.

Darüber hinaus hat das Projekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) vorgestellt, welche Standards für Zeitschriften und Schriftenreihen gelten, die an der Finanzierung durch KOALA-Konsortien teilnehmen. Mit diesen Standards will das Projekt ein Instrument schaffen, das zur Sicherung der Prozesse und der Qualität in Zeitschriften und Verlagen beiträgt. Das Projekt ist dabei, eine nachhaltige, gemeinschaftliche Finanzierung durch wissenschaftliche Bibliotheken aufzubauen, um eine Alternative zum dominanten APC-Modell zu etablieren.

Abbildung 2: Ergebnisse zur User Experience der Website open-access.network

Daneben hat das Projekt open-access.network den Teilnehmenden des Barcamps die Möglichkeit gegeben, Feedback zu seinen Services zu geben. Dabei wurde auf der einen Seite das Informationsangebot evaluiert und über die neu gestaltete Website gesprochen. Auf der anderen Seite wurden die Veranstaltungen des Projekts in den Blick genommen und über Erfolge und Verbesserungsvorschläge diskutiert. Dabei wurde besonders die Vielseitigkeit der Formate gelobt und dass sich die Angebote, wie beispielsweise die Reihe „Open Access Talk“, sehr gut im deutschsprachigen Raum etabliert haben

Open-Access-Kommunikation: Zielgruppe erreichen

Nach wie vor beschäftigen sich viele Mitglieder der Community damit, wie man Open-Access-Themen am besten an die unterschiedlichen Zielgruppen herantragen kann. Dazu wurde in einer Session herausgestellt, dass der Aspekt der Kommunikation in der Open-Access-Arbeit zwar als sehr wichtig angesehen wird, die nötigen Kenntnisse aber häufig fehlen – nicht zuletzt, weil er in der bibliothekarischen Ausbildung bislang kaum eine Rolle spielt. Eine zentrale Herausforderung ist, dass zum Erreichen der einzelnen Zielgruppen verschiedene Kommunikationswege bedient werden müssen, was wiederum das Vorhandensein von strategischem Know-how voraussetzt. Um den Austausch zu verstetigen und zu intensivieren, kam die Idee der Gründung einer Fokusgruppe im Rahmen des Projekts open-access.network auf, die im Rahmen eines vorbereitenden Meetings Ende Juni weiterverfolgt wird.

Abbildung 3: Screenshot MIRO Whiteboard zur Dokumentation des Barcamps

Eine weitere Session befasste sich ebenfalls mit der Frage nach kommunikativen Wegen, um Open Access zu verbreiten. In dieser wurde das Format von niedrigschwelligen Austauschformaten besprochen. Die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg hat die eigene Reihe „Open Access Smalltalk“ ganz im Sinne der Offenheit auf das Barcamp verlegt und eine Diskussion darüber angestoßen, wie man interessierte Personen an einen Tisch bekommt. Dabei wurde vor allem dargelegt, dass virtuelle Formate eine geringere Hürde zur Teilnahme solcher Austauschrunden bieten und dass Warm-Ups wirklich dazu führen können, die Teilnehmenden zu mobilisieren.

Herausforderungen von Bibliotheken

Viel diskutiert wurden auch in diesem Jahr Fragestellungen und Herausforderungen aus der täglichen Open-Access-Praxis an Bibliotheken. Beispielsweise fand das Thema Publikationskostenmonitoring großen Anklang und wurde sowohl in einer Session als auch in einer weiterführenden Diskussionsrunde an den Thementischen besprochen. Vor dem Hintergrund steigender Open-Access-Quoten und –Kosten stehen die Bibliotheken vor der dringenden Herausforderung, sich einen Überblick über die zentralen und dezentralen Publikationskosten zu erhalten. Dabei wenden sie verschiedene Techniken an, zum Beispiel dezentral über eigene Sachkonten, aber auch durch eigene Recherchen und unter Zuhilfenahme des Open Access Monitors. In einer weiteren Session wurde das Thema Zweitveröffentlichungsservice betrachtet und konkret, welche Metadaten zu Forschungsförderern in Repositorien erfasst werden können und wie. In dem Austausch ging es um konkrete praktische Tipps zur Umsetzung, so wurden beispielsweise Metadaten-Schemata von Crossref oder RADAR/DataCite empfohlen. Eine der letzten Sessions des Barcamps beschäftigte sich mit der Frage, wie man als Bibliothek sicherstellen kann, „angemessene“ Publikationsmöglichkeiten bereitzustellen. Damit wurde auf die Empfehlung zur Transformation des wissenschaftlichen Publizierens zu Open Access (PDF) des Wissenschaftsrats (2022) Bezug genommen. Um zu ermitteln, welche Publikationswege von Forschenden gewünscht und erforderlich sind, ist ein enger Austausch mit den verschiedenen wissenschaftlichen Communities notwendig. In der Session wurde überlegt, wie die Kontakte innerhalb der eigenen Einrichtung verbessert werden können. Dabei wurden verschiedene Kommunikationswege zur Sprache gebracht, etwa über Fachreferent:innen, Fakultätsräte/ -beauftragte oder Promovierendenseminare.

Abbildung 4: Screenshot Feedback der Community

Fazit

Wir blicken also auf ein vielseitiges und lebendiges Open Access Barcamp 2022 zurück. Das offene Konzept ist gut angekommen und die Bereitschaft der Teilnehmenden, sich aktiv einzubringen und Sessions mitzugestalten, war groß. Dadurch bot das gemeinsam zusammengestellte Programm vielseitige Themen und Möglichkeiten zum Austausch über alltägliche Open-Access-Themen. Auch in diesem virtuellen Setting herrschte eine rege Beteiligung und kollegialer Zusammenhalt. Mit dem neuen Input und frischen Ideen im Gepäck entließen wir die Community nach den zwei Tagen wieder in ihren Alltag, sagen DANKE an alle Beteiligten und freuen uns auf den nächsten Austausch.

Das könnte Sie auch interessieren:

Fehlende deutsche Übersetzung

Perspektiven zu Open Science und Ungerechtigkeit: Wer wird zurückgelassen? Open Science in Kanada: Graswurzelbewegung und gesamtstaatlicher Ansatz Auf dem Weg zum nächsten Level: Interview zu Open Science in Finnland

View Comments

Horizon Report 2022: Trends wie hybrides Lernen, Mikrozertifikate und künstliche Intelligenz verstärken sich
Nächster Blogpost