ZBW MediaTalk

von Hannah Schneider (KIM), Andreas Kirchner (KIM) und Maximilian Heber (KIM)

Normalerweise trifft man sich zu einem Barcamp vor Ort in lockerer Atmosphäre, sammelt Ideen auf Whiteboards, Pinnwänden oder Flipcharts und wechselt je nach Bedarf individuell zwischen den Sessions hin und her. Außerdem kommt man in der Teeküche, auf den Gängen, in den Pausen oder beim gemeinsamen Abendessen automatisch mit anderen ins Gespräch. All diese Elemente beleben Barcamps und machen sie zu dem, was sie sind. Wie also schafft man es, solch ein physisches Setting in einen virtuellen Raum zu überführen und dabei dem Charakter eines Barcamps treuzubleiben?

Die passenden Tools für das Online-Barcamp auswählen

An das virtuelle Open Access Barcamp stellten wir den Anspruch, neben dem inhaltlichen Austausch auch den Vernetzungscharakter online abzubilden. Daher entschieden wir uns für gather.town als technische Basis. Dieses Tool lässt aus unserer Sicht besser als andere Videokonferenzsoftwares, wie beispielsweise Zoom oder BigBlueButton, schnelle Gesprächswechsel und das eigenständige Bilden von Kleingruppen zu. Eine Besonderheit von gather.town liegt darin, dass es den Nutzer:innen die Möglichkeit bietet, sich als kleine Figur frei in einem eigens für das jeweilige Event angelegten Raum fortzubewegen. Sobald man sich anderen nähert, aktivieren sich Kamera und Mikrofon. So entstehen – wie bei echten Treffen – variierende Kontakte zwischen den Anwesenden. Wir zogen auch wonder.me in Betracht. Da dort jedoch keine flexible Raumgestaltung möglich ist, entschieden wir uns letztlich dagegen.

Screenshot 1: Der Raum in Gather.town (CC BY 4.0)

Begleitend wurde das Online-Whiteboard Miro eingesetzt, das zur kollaborativen Themensammlung und Dokumentation diente. Hier hatten alle Teilnehmenden die Möglichkeit, auch die Inhalte der Sessions nachzuvollziehen, bei denen sie nicht anwesend sein konnten. Wir entschieden uns für Miro, da dort sowohl eine Abstimmungsfunktion geboten wird als auch ausreichend Platz, sodass verschiedene Gruppen in verschiedenen Ecken gleichzeitig darauf arbeiten können.

Bei der Verwendung solcher interaktiver Tools ist mit technischen Fragen und Problemen zu rechnen. Daher gab es zusätzlich zu einer zentralen Helpdesk-E-Mail-Adresse auch im Konferenzraum zwei Personen, die während der gesamten Zeit technischen Support leisteten. Dies erwies sich gerade am Anfang des Events als sehr hilfreich. Vorab wurde zur Vorbereitung eine bebilderte Anleitung zur Handhabung der Tools versendet.

Screenshot 2: Das Miro-Whitheboard (CC BY 4.0)

Ein zentraler Programmpunkt zu Beginn eines jeden Barcamps ist die Sessionplanung, bei der die Agenda gemeinschaftlich festgelegt wird. Hierbei galt es, die fünf 45-minütigen Sessions mit bis zu drei Parallelveranstaltungen zu füllen. Dafür sammelten wir zunächst auf Miro Themen, die anschließend in einem Elevator-Pitch jeweils eine Minute lang vorgestellt wurden. Durch eine in Miro integrierte Abstimmung wurde anschließend festgelegt, welche Themen in die Agenda aufgenommen werden sollten. Um möglichst vielen die Teilnahme an den beliebtesten Sessions zu ermöglichen, wurde darauf geachtet, dass diese sich nicht überschneiden. Auch auf die zeitliche Präferenz der Sessiongebenden wurde Rücksicht genommen.

Illustration 3: Sessionplanung (CC BY 4.0)

Um den Teilnehmenden die Pause zu versüßen, die während der Finalisierung des Programms durch das Organisationsteam entstand, wurde vorab eine Konferenztasche als „Care-Paket“ mit Open-Access-Artikeln und Schokolade ins Homeoffice gesendet. Dafür erfragten wir bei der Anmeldung auf freiwilliger Basis die Adressen der Teilnehmer:innen, wobei eine deutliche Mehrheit dieses Angebot annahm.

Illustration 4: Carepaket (CC BY 4.0)

Wie man online Vernetzungsmöglichkeiten schafft

Da bei einer Online-Veranstaltung die Vernetzung mit anderen Personen oft schwieriger ist als bei einem Treffen vor Ort und kurze Gespräche in der Kaffeepause virtuell meist wegfallen, planten wir gezielt Zeiten für das „Socializing“ ein.

Am ersten Tag hatten die Teilnehmenden zunächst Zeit, einander näher kennenzulernen. Dazu wurden drei Fragen mit Ordnungskriterien gestellt, nach denen sich alle im gather.town-Raum anordnen sollten (zum Beispiel „Ich war schon mal auf einem Barcamp“ → in der Reihenfolge von noch nie bis ganz oft aufstellen). Die so entstandenen Grüppchen hatten daraufhin die Gelegenheit zum Austausch.

Zusätzlich fand eine Art „Speed-Dating” statt. In diesem Rahmen konnten die Teilnehmenden jeweils fünf Minuten mit einer Person sprechen, bevor die Gesprächspartner:innen reihum wechselten, sodass alle Teilnehmenden mehrere Einzelgespräche führen konnten.

Darüber hinaus hatten wir bewusst ein Zeitfenster am zweiten Tag für Themen offen gelassen, die entweder keinen Platz in der Agenda gefunden hatten oder nach mehr Austausch verlangten. In dieser Zeit konnten sich alle an „Thementischen“ zu Aspekten austauschen, die sie persönlich im alltäglichen Umgang mit Open Access beschäftigen. Ganz nach dem Motto „Bring-your-own-problem“ entstanden so praxisnahe Diskussionen in kleineren Runden, etwa zu den Themen Zweitveröffentlichung, Publikationsfonds oder Open-Access-Beratung.

Beim ebenfalls in gather.town verorteten Abendprogramm hatten die Teilnehmenden bei einem Pubquiz zunächst die Möglichkeit, ihr Allgemeinwissen unter Beweis zu stellen. Anschließend bestand zudem die Möglichkeit, in ungezwungener Runde Kontakte zu anderen Open-Access-Begeisterten zu knüpfen beziehungsweise zu vertiefen. Obwohl alle Teilnehmenden den gesamten Tag am Bildschirm verbracht hatten, kamen etwa 25 Personen auch abends noch mal in gather.town zusammen. Auch wenn das Quiz, so das Feedback einiger, etwas kürzer hätte ausfallen können, kam es trotz virtuellem Setting zu einem entspannten Beisammensein.

Das Online-Barcamp lebte von der aktiven Zusammenarbeit aller

Alles in allem sehen wir das virtuelle Open Access Barcamp als geglücktes Experiment und freuen uns, dass auch in unserem innovativen Setting ein reger Austausch der Community zustande gekommen ist. Die zweitägige Online-Veranstaltung lebte von der Mit- und Zusammenarbeit aller und der aktiven Beteiligung der Teilnehmenden. So wurden zahlreiche praktische Aspekte und Herausforderungen bei der täglichen Arbeit mit Open Access thematisiert, diskutiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht.

Hervorzuheben ist, dass das Videokonferenztool gather.town trotz anfänglicher technischer Schwierigkeiten von der überwiegenden Mehrheit der Anwesenden als sehr geeignet wahrgenommen wurde. Es forderte und förderte nicht nur die Aktivität der Teilnehmenden, sondern ermöglichte auch Gespräche in der virtuellen Teeküche oder beim Socializen. Auch die Kombination mit einem Online-Whiteboard wie Miro hat sich für die Sessionplanung sowie für die Zusammenarbeit und zur Dokumentation während des Open Access Barcamps bewährt. Festzuhalten ist jedoch, dass bei Online-Events die technische Performance stark von der Internetverbindung und anderen individuellen technischen Gegebenheiten abhängt, die man als Organisator:innen nur schwer beeinflussen kann. Dennoch bietet das virtuelle Format allen Interessierten die Möglichkeit, sich standortunabhängig ohne weite Anreise oder andere logistische Planungsmaßnahmen unkompliziert mit der Open-Access-Community auszutauschen.

An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei allen Teilnehmenden für ihre aktive und rege Beteiligung am Programm bedanken. Wir bedanken uns überdies für die Offenheit gegenüber dem unkonventionellen Online-Format und die Geduld bei technischen Störungen. Ein großes Dankeschön geht auch an das gesamte Team des Projekts open-access.network für die tolle Teamarbeit. Wir freuen uns auf das #OABarcamp22 im nächsten Jahr!

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Über die Autor:innen:

Hannah Schneider ist Mitarbeiterin im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz und wirkt am BMBF-geförderten Projekt open-access.network mit. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Organisation von Veranstaltungen sowie die redaktionelle Mitarbeit an der Website open-access.net.

Andreas Kirchner ist Mitarbeiter im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz und koordiniert gemeinsam mit Dr. Anja Oberländer das BMBF-geförderte Projekt open-access.network. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied des Open-Access-Verlags meson press (Lüneburg) und der Non-Profit-Stiftung ScholarLed (Den Haag).

Maximilian Heber ist Mitarbeiter im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz. Er wirkt dort am Projekt “open-access.network” mit.

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