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wir sprachen mit Mark Leggott und Portia Taylor

Ein starkes Engagement verschiedener Interessengruppen und eine gesamtstaatliche Vorgehensweise fördern den Übergang zu Open Science in Kanada. In unserem Interview berichten Mark Leggott, Executive Director von Research Data Canada und Manager des RDM-Förderprogramms von CANARIE, und Portia Taylor, Senior Policy Analyst in International Affairs, Security and Justice beim Treasury Board Secretariat of Canada und vormals Teil des Open-Government-Teams von Kanada, über die Kernelemente dieses Ansatzes, konkrete Maßnahmen, Herausforderungen und ihre Erkenntnisse.

Welches sind die Kernelemente des nationalen Ansatzes zur Förderung von Open Data und Open Science in Kanada?

Die Regierung Kanadas ist eine Speiche im nationalen Open-Science-Rad. Die kanadische Bundesregierung bekennt sich nachdrücklich zu Open Government Partnership (OGP), der führenden internationalen Organisation für Open Government. Von 2018 bis 2019 ist Kanada Co-Chair der OGP zusammen mit Nathaniel Heller von Results for Development, einer führenden Person der Zivilgesellschaft. Open Science ist eine von zehn Verpflichtungen in Kanadas Viertem Nationalen Aktionsplan für Open Government. Eine Reihe von Bundesressorts bündeln ihre Anstrengungen zur Umsetzung des Open-Science-Engagements, das sich darauf konzentriert, die Arbeit von staatlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern noch transparenter zu machen, Open Science und seinen Wert zu fördern und die Fortschritte der Regierung in diesem Bereich zu messen.

Im September 2017 ernannte Premierminister Justin Trudeau Dr. Mona Nemer als neue „Chief Science Advisor“ des Landes – eine Selbstverpflichtung im Rahmen des Dritten Nationalen Aktionsplans für Open Government in Kanada. Nach ihrer Ernennung trat Dr. Nemer für Open Science ein und ihr Büro arbeitet mit Partnerinnen und Partnern innerhalb und außerhalb der Bundesregierung zusammen, um dieses Mandat voranzutreiben.

Ein weiteres positives Zeichen für das Interesse der Bundesregierung an Open Science war die Bereitstellung von 572 Millionen Dollar für die Entwicklung der digitalen Forschungsinfrastruktur (DRI) zur Unterstützung von Forschung und Innovation im Budget 2018.

Research Data Canada (RDC) bietet Erleichterungen für alle Sektoren und Akteure im Open-Science-Ökosystem, einschließlich der Förderung bewährter Praktiken bei der Datenverwaltung und der Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen. Die Vision von RDC ist, dass “Kanadierinnen und Kanadier Zugang zu nationalen und internationalen Sammlungen von öffentlich finanzierten Forschungsdaten haben”. Eine Schlüsselstrategie dafür ist die Entwicklung des National Data Services Framework (NDSF), und wie es einen nachhaltigen Ansatz zur Entwicklung von DRI in Kanada unterstützen kann.

Die Arbeit für eine höhere Verbreitung von Open Science in Kanada umfasst auch akademische, gemeinnützige und industrielle Akteure, deren signifikante Ergebnisse oft mit dem öffentlichen Sektor zusammenfallen. So entwickelt das Tannenbaum Open Science Institute an der McGill University eine Reihe von Ansätzen zur Förderung und Durchführung von Forschung im Kontext von Open Science, einschließlich ihrer Auswirkungen.

Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen?

Die kanadische Regierung wird den Global Open Government Partnership Summit vom 29. bis 31. Mai 2019 in Ottawa veranstalten.

RDC hat kürzlich den NDSF Summit 2019 veranstaltet, der die Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen zur Unterstützung von Open Science und der sich entwickelnden kanadischen Politik erleichtern soll. Der NDSF Summit trägt dazu bei, indem er ein Umfeld bereitstellt, in dem über Open Science und damit verbundene Dienstleistungen für alle Beteiligten diskutiert werden kann; ein Kontext, in dem ein Konsens über bewährte Verfahren, Normen und Protokolle erzielt werden kann; ein Paket von unterstützten und interoperablen Diensten und Ressourcen.

Die wichtigsten öffentlichen Forschungsförderungseinrichtungen in Kanada (bekannt als die Tri-Councils: Social Sciences and Humanities Research Council (SSHRC), der Natural Sciences and Engineering Research Council (NSERC) und die Canadian Institutes for Health Research (CIHR) haben einen Entwurf für eine Datenmanagement-Policy entwickelt, in der die Schritte beschrieben werden, die Institutionen und Forschende unternehmen müssen, wenn sie Forschungsmittel erhalten. Diese Policy basiert auf drei Säulen, die einige der wichtigsten Grundlagen von Open Science unterstützen: die Entwicklung von institutionellen Datenmanagementstrategien, die Erstellung von Datenmanagementplänen, die Speicherung von Forschungsergebnissen in geeigneten Repositorien. Die für die Forschungsförderung und die verschiedenen nationalen Agenturen zuständige Bundesanstalt Innovation, Science and Economic Development (ISED) arbeitet derzeit mit einer breiten Stakeholdercommunity zusammen, um die nächsten Schritte für die Vergabe der im Haushalt des Vorjahres angekündigten Mittel zu definieren. Es wird davon ausgegangen, dass diese Bemühungen im Zeitraum April – Juni beginnen.

In Kanadas wissenschaftlichen und gemeinnützigen Bereichen sind spannende Entwicklungen gestartet. So hat die Unniversity of Toronto kürzlich zwei Programme mit Unterstützung der Krembil Foundation, M4K Pharma und M4ND ins Leben gerufen, die Krankheiten wie Parkinson bekämpfen. Diese Initiativen basieren auf Open-Science-Praktiken, dem offenen Datenaustausch und erschwinglichen Preisen.

Im Sinne der traditionellen wissenschaftlichen Zusammenarbeit beinhalten die kanadischen Open-Science-Innovationen auch eine aktive internationale Zusammenarbeit. Open Lab Notebooks ist ein hochinnovatives Vorhaben, bei dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von rund um die Welt aus Universitäten in Kanada, Frankreich, Schweden, Großbritannien und den USA ihre Labornotizbücher live und online teilen.

Auf welche Herausforderungen und Barrieren stoßen Sie? Wie gehen Sie damit um?

Die größte Herausforderung in der kanadischen Landschaft ist die Veränderung der Kultur zur Unterstützung und Übernahme der Kernpraktiken von Open Science, aber Kanada ist in dieser Hinsicht nicht besonders. Wo sich Kanada von einigen Jurisdiktionen wie der EU unterscheidet, ist die relativ junge Entwicklung der Unterstützung für Open-Science-Konstrukte, einschließlich der Einhaltung der FAIR-Prinzipien und der Unterstützung für offene Daten. Selbst im Zusammenhang mit staatlichen Forschungseinrichtungen hat Kanada eine ganz andere Geschichte des Datenteilens. Zum Beispiel haben die Vereinigten Staaten eine lange Geschichte der Behandlung von Daten und Forschungsergebnissen der Regierung (und staatlich unterstützter Forschungsanstrengungen) als offen und “im Besitz” der Bevölkerung. Die Geschichte Kanadas ist eine andere und Aspekte dieser Geschichte liegen noch immer einigen der Ansätze zugrunde, Daten standardmäßig offen zu machen.

Kanada ist auch ein großes Land, insbesondere in geografischer Hinsicht, in dem die Zuständigkeiten für die Finanzierung und Unterstützung der Forschung zwischen nationalen und regionalen Regierungen aufgeteilt sind. Allerdings tragen die jüngsten Bemühungen wie die von RDC und CARL Portage zu einem kohärenteren und koordinierteren Ansatz für Datenmanagement und Open Science bei.

Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit Ihrem nationalen Ansatz gemacht?

Die Bemühungen auf nationaler Ebene sind in jüngster Zeit auf zahlreiche Erfolge gestoßen, dazu zählt auch der NDSF-Gipfel im Januar 2019. Der NDSF und die damit verbundenen Bemühungen haben einen positiven Kontext für die Entwicklung eines kohärenten nationalen Ansatzes geschaffen, der nur mit der Bereitstellung von Bundesmitteln fortgesetzt werden kann. Die Kanata-Deklaration ist das aktuellste Ergebnis dieses Prozesses.

Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die Förderung von neun Softwareentwicklungsprojekten durch CANARIE, die aufgrund ihrer Unterstützung der FAIR-Prinzipien und des NDSF ausgewählt wurden. Diese Projekte spiegeln die Interessen von domänenspezifischer und von generischer Infrastruktur wider und das Ziel, eine interoperablere nationale DRI aufzubauen.

Was könnten andere (insbesondere andere Länder) von Ihrem Ansatz lernen?

Kanadas Ansatz bestand weitgehend aus Graswurzelbewegungen, die die Vielfalt der Interessengruppen, einschließlich Förderorganisationen und Serviceorganisationen, widerspiegeln. Für jene Staaten mit einer ähnlich komplexen “föderierten” Landschaft könnten die Bemühungen, die sich aus Kanadas starker Unterstützung auf nationaler Ebene ergeben, durchaus als Modell dienen. Die Vielfalt der kanadischen Bevölkerung, die vor allem von einer wachsenden indigenen Bevölkerung, einer hohen Einwanderungsrate und zwei Amtssprachen (Englisch und Französisch) geprägt ist, bietet einige mögliche Parallelen zu anderen Rechtsordnungen. Auch die Zusammensetzung und Steuerung unserer Gesellschaft macht uns einzigartig. Kanadas Stadium in Bezug auf Open Science, das in gewisser Weise früh und auf andere Weise der Zeit voraus ist, bedeutet, dass wir sehr offen für internationale Kolleginnen und Kollegen sind, die Modelle mit Strahlkraft teilen. Kanadas nationale Open-Science-Akteure sind immer gerne bereit, diese wichtigen internationalen Gespräche zu moderieren und einzuberufen.

Unsere Fragen wurden beantwortet von:

Mark Leggott ist Executive Director von Research Data Canada, einer von Interessengruppen getragenen Organisation, die sich der Sicherstellung eines nachhaltigen Ökosystems für das Management von Forschungsdaten in Kanada verschrieben hat. Mark leitet auch das RDM-Förderprogramm von CANARIE, das 2018 an den Start ging. Davor war Mark Bibliothekar in der Universitätsbibliothek der University of PEI, Gründer des Open-Source-Projekts Islandora und Präsident von discoverygarden inc., einem privaten Unternehmen, das Dienstleistungen für Islandora anbietet. Mark ist glühender Verfechter von Open Data, Open Science und Open Source und den Vorteilen, die sie der Gesellschaft bringen.

Portia Taylor ist Senior Policy Analyst in International Affairs, Security and Justice beim Treasury Board Secretariat of Canada. Vor dieser Position war sie Teil des kanadischen Open-Government-Teams und hatte einen Fokus auf Open Science, Open Data und feministisches Open Government. Portias beruflicher Hintergrund hat sich rund um die Themen Gesundheit, internationale Entwicklung, Außenpolitik und Umwelt konzentriert. Sie hat einen Bachelor of Arts in Soziologie und Umweltwissenschaften von der McGill University (1998) und einen Master of Environmental Studies von der York University (2000).

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