ZBW MediaTalk

1. Augmented und Virtual Reality wird erwachsen

2016 wird Augmented Reality beziehungsweise Virtual Reality erwachsen. Die Technologie ist so weit, dass ausgereifte Produkte für einen Massenmarkt, ernstzunehmende Anwendungen und erste AR- und VR-Plattformen zu erwarten sind. In 2016 wird die erste Generation an Endgeräten für zu Hause auf den Markt kommen, unter anderem HTC Vive, Oculus Rift und PlayStation VR. Die Steigerung des Spielerlebnisses ist dabei nur eine Anwendungsform. Virtual Reality bietet die Option, persönliche Entwicklung mit immersiven, eindrucksvollen Lernerlebnissen zu fördern, und spricht damit das Bedürfnis vieler Menschen an, sich selbst zu optimieren. Ein Beispiel liefert die kanadische Firma Cerevrum, die eine Reihe von Virtual Reality-Spielen für das Gehirntraining entwickelt hat. Diese sollen ab Anfang 2016 auf verschiedenen Plattformen, inklusive Oculus Rift und HTC Vive zur Verfügung stehen. Das Potential von Virtual Reality veranschaulichen auch geführte Mediationen als Virtual Reality-Erfahrung auf Oculus Rift. Nutzerinnen und Nutzer bekommen maßgeschneiderte Meditationen und erleben dabei entspannende Umgebungen wie einen Tropenstrand, einen Wald oder einen Sonnenuntergang.

2. Live-Streaming erlebt einen Aufschwung

Nachdem beim Digitalen Content zunächst statische Texte (zum Beispiel Blogs) durch Echtzeit-Texte (wie Twitter oder Jodel / Hintergrund), dann statische Bilder (wie bei Instagram) durch Echtzeit-Bilder (siehe Snapchat) ergänzt wurden und sich schließlich in 2015 beim Video das Social Streaming zu YouTube gesellte, wird erwartet, dass Live-Streaming noch weiter wächst. 2016 wird besonders Streaming-Content begrüßt, der die aktive Mitwirkung der User erfordert. So werden bleibende Eindrücke geschaffen, selbst wenn der Content an sich flüchtig ist. Beispielhaft sind hier Konzert-Live-Streams von Earth Hour, die ausschließlich für Zuschauerinnen und Zuschauer zugänglich waren, die ihre Lichter ausgeschaltet hatten und im Dunklen zuschauten.

3. Messaging wächst weiter

Die Kommunikation mittels Messaging Apps wächst weiter und ist kulturprägend. Instant Messaging Apps gehören weltweit zu den am meisten genutzten Apps. Dabei gibt es ein Gefälle zwischen dem “Westen” und Asien, wo per App-Messaging nicht nur Dialoge geführt, sondern z.B. auch Taxis bestellt und Offline bezahlt wird. Nutzerinnen und Nutzer gewöhnen sich an die informelle Informationslieferung, die einfacher zu nutzen, zu teilen und zu verstehen ist – und vor allem schneller. Ein oder zwei Tage auf eine Antwort zu warten, finden viele daher nicht mehr akzeptabel; sofortige Reaktionen innerhalb von drei bis fünf Minuten und On-Demand-Services werden immer mehr als Standard betrachtet.

Einige Unternehmen nutzen Messaging-Dienste wie WhatsApp bereits für den Kundenservice. So war etwa das Sheraton Airport Hotel das erste Hotel, das WhatsApp im Kundenservice einsetzte. Seit Oktober 2015 können Gäste des Aloft Manhattan Downtown Hotels dank des Services TiGi (Text It. Get It.) per Emoji mit dem Hotel kommunizieren. So kann mit den entsprechenden Emojis beispielsweise Essen über den Zimmerservice bestellt werden. Pokettour geht noch weiter: Es ist das erste komplett in einer Messaging-App (Viber) operierende Reiseunternehmen. Von der Reisebuchung über die Bezahlung, das Teilen von Fotos notwendiger Reisedokumente bis zum Chat im Freundeskreis, um gemeinsam eine Reise zu organisieren, wird alles über die App abgebildet.

HaloDiana bietet einen SMS-basierten Conciergeservice an. Seine Nutzerinnen und Nutzer können darüber Informationen einholen, Services und Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben buchen. Die Anfragen werden von Freelancern beantwortet. Das ist noch lange nicht alles: Facebook testet künstliche Intelligenz innerhalb des Messengers mit einen digitalen Assistenten namens „M“, der beispielsweise beauftragt werden kann, Geschenke an Verwandte zu liefern oder Reisen zu planen.

4. Innovative Kanäle bedürfnisorientierter einsetzen

In den nächsten zwölf Monaten könnte es sinnvoll sein, nicht mehr eine Überall-Präsent-Strategie zu verfolgen, sondern sich auf bestimmte Social Media-Kanäle zu konzentrieren. Und zwar auf die, die für die eigene Zielgruppe besonders gut passen. Überall präsent zu sein, ist sowieso kaum zu schaffen, und ist eine Strategie, die eher auf die technischen Möglichkeiten fokussiert. Sinnvoller ist es, den Fokus auf die Zielgruppe und ihre Bedürfnisse zu richten. Innovative Kanäle zu wählen, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, in einem ausgewählten Kontext zu kommunizieren, das erscheint zielführender. Versetzen Sie sich selbst in die Lage der Kundinnen und Kunden und fragen Sie sich, wo es am wahrscheinlichsten ist, dass diese ein Bedürfnis haben, das Sie decken können. In diese Richtung geht Amazons Dash Service, mit dem automatisch oder mit einem einfachen Knopfdruck Nachschub von Produkten bestellt wird.

5. Nutzen schaffen mit künstlicher Intelligenz

Kundinnen und Kunden werden in 2016 verstärkt erwarten, dass künstliche Intelligenz eingesetzt wird, um ihre Probleme zu lösen. Dieser als „Beneficial Intelligence“ bezeichnete Trend basiert darauf, dass trotz neuer Technologien menschliche Bedürfnisse und ungelöste Probleme oft noch dieselben sind. Kundinnen und Kunden werden erwarten, dass Anbieter künstliche Intelligenz und Maschinenlernen einsetzen, um wirklich intelligente digitale Produkte und Services zu schaffen. Ein Beispiel dafür liefert Airbnb mit seiner Unterstützung von Gastgebern mit Tipps für die Preisgestaltung, die auf Maschinenlernen basieren. Das System, das Faktoren wie die Größe, die Jahreszeit und die Entfernung zu Touristenattraktionen einrechnet, erhöht für die Gastgeber die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Unterkunft gebucht wird. Aerosolve, die “Machine Learning Library” dahinter, hat Airbnb auf GitHub veröffentlicht .

6. Wandel in der Arbeitswelt gewinnt an Fahrt

2016 werden Produkte und Services, die die Disruption in der Arbeitswelt widerspiegeln, an Wertschätzung gewinnen. Kundinnen und Kunden ebenso wie Arbeitskräfte werden die gleichen Erwartungen von Flexibilität, Kreativität, lebenslangem Lernen und Selbstständigkeit entwickeln – und Marken schätzen, die helfen, sie in die Realität umzusetzen. Die wachsende Schar an neuen Selbstständigen und Anhängern des „Wantrepreneur“-Lebensstils sucht nach neuen Tools und Ressourcen, die sie unterstützen und stärken.

In diesem Zusammenhang gewinnt auch das Konzept des „dritten Ortes“ weiter an Bedeutung. Eine Chance für Bibliotheken, auch neue Zielgruppen vermehrt an sich zu binden und vom gegenseitigen Austausch zu profitieren, indem sie sich Gedanken über die Bedürfnisse dieser Arbeitskräfte aus der „neuen Arbeitswelt“ machen. Die Einrichtung von Co-Working-Spaces wäre hier eine Option: die neuen Selbstständigen können von den Bibliotheksservices und ihrem Raumangebot profitieren, während sie ihrerseits einen frischen Wind und neue Ideen in die Bibliothek hineintragen. Die wachsende Zahl an Co-Working Spaces oder das rasante internationale Wachstum des US-basierten Co-Working-Space-Anbieters WeWork ist ein Indikator dafür. Nun hat der Anbieter begonnen, Co-Living-Locations einzurichten, die sich an Freelancer und Start-Ups richten.

7. Organisationskultur wirkt als Wettbewerbsfaktor nach außen

Die interne Organisationskultur scheint immer stärker nach außen durch und wird als Stärke oder Schwäche wahrgenommen, nicht nur von potentiellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern nun auch noch mehr von Kundinnen und Kunden. Denn diese suchen nach Anzeichen, die ihnen signalisieren, dass sie das Richtige tun, beispielsweise den richtigen Service nutzen. Darin können sie unterstützt werden, indem das ethische Verhalten der Marke nach innen und außen transparent gemacht wird. Immer mehr Kundinnen und Kunden halten Ausschau nach Marken, die positive Änderungen an ihrer internen Kultur vornehmen. Befeuert wird diese Entwicklung unter anderem durch die sozialen Medien und Skandale wie die um Volkswagen und die FIFA-Korruption. Dieser als „Insider Trading“ benannte Trend der steil ansteigenden Transparenz wird in 2016 noch mehr sicherstellen, dass die positiven Aspekte der internen Kultur wohlwollend wahrgenommen werden, aber ebenso die negativen Aspekte hohe Wellen schlagen werden

Weitere Linktipps zu Trendthemen 2016:

Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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