Open Access Barcamp 2025: Von Best-Practices und Visionen bis zur Triage im Publikationsfonds

von Dr. Danny Flemming (open-access.network Projekt)

Das Open Access Barcamp 2025 wurde am 26. und 27. März an der Universität Duisburg-Essen im Rahmen des Projekts open-access.network in Zusammenarbeit mit der Landesinitiative openaccess.nrw organisiert und bot eine Plattform für intensiven Austausch zu aktuellen Open-Access-Themen.

Wie im Barcamp-Format üblich, waren die Teilnehmenden aufgerufen, das Programm aktiv mitzugestalten. In mehreren parallelen Sessions wurden konkrete Problemstellungen diskutiert, Best Practices ausgetauscht und Visionen für eine offene Wissenschaft entwickelt. Die Themen reichten von Infrastrukturen für Diamond Open Access über Publikationsfondsmanagement bis hin zur Herausforderung, projektbasierte Services, Informationsportale und aufgebaute Expertise im Open-Access-Kontext nachhaltig zu verstetigen.

Diamond Open Access: Potenziale und Herausforderungen

Eine zentrale Session widmete sich dem Modell des Diamond Open Access, bei dem weder von den Autor:innen noch von den Leser:innen Gebühren erhoben werden. Es wurde intensiv diskutiert, wie Forschende für dieses Modell gewonnen werden können. Besonders betont wurde, dass politische Argumente oder technische Infrastrukturen nicht ausreichen, wenn überkommene Reputationslogiken (zum Beispiel der Impact Factor) Wissenschaftler:innen davon abhalten, möglichst offen zu publizieren. Als mögliche Lösungsansätze für dieses Problem wurde Peer-to-Peer-Beratung durch erfolgreich publizierende Forschende sowie der Aufbau von Unterstützungsstrukturen (zum Beispiel Publikationsfonds, personelle Ressourcen) genannt. Auch wurde der Aufbau einer evidenzbasierten Argumentation anhand von Zitationsvorteilen und den Vorteilen der Nutzung freier Lizenzen vorgeschlagen.

Triage im Publikationsfonds?

In mehreren Sessions wurden Herausforderungen bei der Verwaltung von Open-Access-Publikationsfonds diskutiert. Die Einrichtungen berichteten von steigenden Kosten, knappen Budgets und hohem administrativen Aufwand. Strategien wie eine zeitlich gestaffelte Mittelvergabe, die Integration von Drittmitteln oder die Einführung transparenter Förderkriterien (etwa für Monografien und Sammelbände) wurden vorgestellt. Kontrovers diskutiert wurde die Frage der sogenannten Triage bei bei absehbarer Ausschöpfung des Publikationsfonds. Wenn die Mittel nicht ausreichen, alle förderungsfähigen Publikationen zu fördern, muss zwangsläufig priorisiert werden. Ein Vorschlag lautete, diese Auswahl anhand wissenschaftspolitischer Kriterien, wie zum Beispiel FAIR-Data-Prinzipien, zu treffen.

oa.finder und Open-Access-Bücher

Ein weiteres Thema war die Qualitätssicherung und Sichtbarmachung von Open-Access-Büchern. Da zentrale Datenquellen wie die Deutsche Nationalbibliothek keine vollständige Übersicht bieten, schilderte Katja Dammann (UB Bielefeld) den aufwändigen Aufbau der oa.finder-Datenbank. Im Zusammenhang mit Open-Access-Büchern wurde die Schwierigkeit diskutiert, die Publikationspraxis im Buchbereich systematisch zu erfassen. Als Gründe hierfür wurden Transparenzprobleme bei Verlagsmodellen und das Fehlen verlässlicher, standardisierter Schnittstellen genannt.

Open Access an kleineren Einrichtungen

In einer besonders praxisnahen Session aus dem Projekt P2P.OA.HAW erarbeitete Emilia Mikautsch (Universität Konstanz) gemeinsam mit den Session-Teilnehmenden anhand von Personas die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Open Access, vor denen sich kleinere Einrichtungen wie Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) gestellt sehen. Hier wurde deutlich, dass neben begrenzten Ressourcen vor allem unklare Zuständigkeiten und mangelndes institutionelles Commitment die Open-Access-Implementierung erschweren. Peer-to-Peer-Beratung, gezielte Fördermaßnahmen und eine stärkere Vernetzung unter den Einrichtungen wurden als zentrale Lösungswege genannt.

Institutionelle Repositorien und Publikationsdienstleistungen

Ein wiederkehrendes Thema waren auch der Aufbau und die Verstetigung von Services zur Zweitveröffentlichung. Herausforderungen liegen unter anderem in der Rechtsunsicherheit vor Ort, fehlenden Workflows, dem Mehraufwand für Bibliothekspersonal und einer geringen Sensibilisierung der Forschenden für dieses Thema. Es wurde deutlich, dass hier frühzeitige Beratung, technische Unterstützung und institutionelle Rückendeckung unerlässlich sind. Als praktisches Handwerkszeug zum Ausbau institutioneller Publikationsservices stellte Doreen Rocholl (Universität Duisburg-Essen, Landesinitiative openaccess.nrw ) einen Musterentwurf für eine Autor:innen- und Herausgeber:innenvereinbarung zum Publizieren im OJS vor und lies die Teilnehmenden der Session bei der kritischen Betrachtung jeweils die Perspektive von Autor:innen einerseits und (institutionellen) Herausgeber:innen andererseits einnehmen.

Verstetigung von open-access.network

Zum Ende des Barcamps wurde auch das nahende Ende der zweiten Förderphase des Projekts open-access.network thematisiert. Martina Benz (Universität Konstanz, open-access.network) gab einen Ausblick auf Pläne zur künftigen Trägerschaft und Finanzierung unter dem Dach des in Gründung befindlichen Vereins open-access.network e. V.. Einrichtungen, Initiativen und Einzelpersonen sollen Mitglied werden können und das Informations- und Beratungsangebot gemeinschaftlich in die Zukunft tragen. Während der Session wurde die Bedeutung des Informations- und Vernetzungsportals open-access.network als zentraler Orientierungspunkt für die wachsende Community von Open-Access-Professionals hervorgehoben – insbesondere für neue Open-Access-Beauftragte und kleinere Einrichtungen, die noch dabei sind, vollumfänglich in das Thema einzusteigen.

Fazit

Das Open Access Barcamp 2025 hat wieder einmal eindrucksvoll gezeigt, wie vielfältig die Herausforderungen im Bereich der offenen Wissenschaft sind – und wie wichtig kollegialer Austausch, Vernetzung und strategischer Aufbau institutioneller Strukturen und Expertise sind, wenn man diesen Herausforderungen adäquat begegnen will. Besonders die Sessions zu Diamond Open Access und zu den strukturellen Bedingungen an kleineren Einrichtungen machten deutlich: Open Access braucht mehr als nur Appelle und Überzeugung – es braucht politische Unterstützung, Ressourcen und praxisnahe Werkzeuge.

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Über den Autor:
Dr. Danny Flemming (Kontakt via Email), Dipl.-Psych., promovierte an der Eberhard Karls Universität Tübingen, forschte dort am Leibniz-Institut für Wissensmedien und ist nun Teil des Teams Open Science am Kommunikations-, Informations-, Mediencenter (KIM) der Universität Konstanz. Er arbeitet im Projekt open-access.network, welches die Kompetenzförderung und Vernetzung im Open-Access-Bereich vorantreibt.
Porträt, Fotograf: Christian Hartz©

Fotos: Universität Konstanz (cc-by)

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