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Der Bildungsmarkt ist ein Milliardenmarkt und Investitionen in EdTech (Educational Technology) könnten den Fintech-Boom ablösen und den Bildungsmarkt umwälzen. Dass viel Geld im Spiel ist, zeigt unter anderem die Übersicht über EdTech-Start-ups, die 2016 in New York die größten Finanzierungsrunden abgeschlossen haben. E-Learning, MOOCs und Lern-Apps stehen dabei nur für einen kleinen Teil des EdTech-Spektrums. Denn EdTech umfasst sowohl die konkreten Tools als auch die theoretische Basis der Unterstützung von Lernen und Lehre an Schulen und Hochschulen sowie bei der beruflichen (Weiter-)Bildung durch Technologie, wobei nicht erwiesen ist, dass EdTech das Lernen verbessert.

Nebeneinander von allgemeinen Apps und speziellen EdTechs

Vielfältige Start-ups sind im EdTech-Bereich aktiv, insbesondere in den USA. Für deutsche Start-ups hat der Bundesverband Deutsche Startups e.V. eine EdTech Fachgruppe gegründet.

Dabei kommen in der Bildung zum Teil auch Tools und Apps zum Einsatz, die nicht primär für Bildungszwecke konzipiert wurden, wie etwa Storify . Ähnlich ist dies auch im Bereich Science 2.0 bzw. Open Science zu beobachten (etwa in dieser Studie zu Science 2.0 in der Ökonomie).

Neue Technologien kreieren neue Lernoptionen sowie zusätzlichen Bildungsbedarf

Zahlreiche Trends aus dem EdTech-Sektor sind aufgeführt in den 11 Ed Tech Trends to Watch in 2017, bei What’s hot: 9 Major Ed Tech Trends for 2017 und in den Ed tech Trends to watch out for in 2017.

Dazu zählen:

  • Der zunehmende Bedarf, Programmierkenntnisse und Digital Literacy zu vermitteln,
  • ein größerer Stellenwert von Datenschutzthemen,
  • aktives Lernen, adaptives Lernen und mobiles Lernen,
  • der Einsatz von Augmented Reality, Virtual Reality und Mixed Reality,
  • die Verwendung von Robotern,
  • Maker Spaces als Orte des Lernens,
  • der Einsatz von Blockchain für die Organisation des Lernprozesses,
  • Open Educational Resources – offener Zugang zu Bildungsressourcen.


Datenschutz, Kommerzialisierung und etablierte Strukturen stehen EdTech entgegen

Dem Einsatz von EdTech stehen aber teilweise unüberwundene Hürden entgegen. Bedenken rund um Hacking und Datenschutz sowie die Kommerzialisierung von Bildung sprechen zum Teil bislang gegen die Nutzung von EdTech. Auch die bestehenden standardisierten Strukturen im Bildungssektor fördern die Durchsetzung von EdTech eher nicht.

Welche interessanten Beispiele für EdTech gibt es in der Praxis bereits? Wir zeigen eine kleine Auswahl aus der Vielfalt des EdTech-Bereichs.

Berufliche Bildung und Sprachen lernen wird mobil

Ganz dem mobilen Lernen verschrieben hat sich HLT Higher Learning Technologies, das Lernmaterialien fürs Smartphone produziert. Dazu zählt unter anderem die sehr erfolgreiche Lern-App NCLEX für Krankenpflege-Prüfungen. Grovo bietet praxisnahes Lernen im Arbeitskontext an und setzt dafür auf Mikrolernen, kleine Videolektionen und Übungen, die im passenden Moment geliefert werden.

Auch Sprachen lassen sich per App lernen. Sehr erfolgreich präsentiert sich unter anderem die Sprachlern-App Duoling mit mehr als 120 Millionen Usern weltweit.

Programmieren lernen und Maker-Bewegung

Tynker definiert sich als Unterstützer der Maker-Bewegung und möchte Kindern die Grundzüge des Programmierens beibringen. Mehr als 32 Millionen Kinder an 50.000 Schulen benutzen bereits die Produkte von Tynker. Code.org ist eine spendenfinanzierte Non-Profit-Organisation und hat sich zum Ziel gesetzt, dass jedes Kind in der Schule Programmieren lernen kann. Kostenlos Programmieren zu lernen, bietet ebenfalls die Codecademy an, die es auch als mobile Version gibt und die bereits von Millionen Nutzerinnen und Nutzern weltweit verwendet wurde. Dafür gab es in 2016 eine Finanzierung über 30 Millionen Dollar.

Adaptives Lernen

Knewton gilt als weltweit führender Technologieanbieter für adaptives Lernen und hat dafür ebenfalls in 2016 eine Finanzierungsrunde über 10 Millionen Dollar abgeschlossen. Dass auch etablierte IT-Unternehmen bei EdTech mitmischen, zeigt, dass Apple und IBM im Oktober 2016 eine Partnerschaft verkündet haben, um mit IBM Watson Element for Educators eine App auf den Markt zu bringen, die Interessen und Verhalten der Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung der Lernerfahrungen berücksichtigt.

Personalisierte Buchempfehlungen, Lesekompetenz fördern

Bücher, Ideen und Menschen möchte Bookwitty zusammenbringen, indem es personalisierte Buchempfehlungen liefert und an entsprechende Verlage oder den Buchhandel verweist. Dafür hat Bookwitty in 2016 in einer neuen Finanzierungsrunde 10 Millionen Dollar erhalten. Blinklearning bietet Lehrbuchinhalte von über 30 Verlagen an, die Lehrerinnen und Lehrer zu maßgeschneiderten Einheiten für Klassen oder einzelne Schülerinnen und Schüler zusammenfügen können. „We turn students into readers” ist der Slogan von LightSail Education. Zum Zweck der Förderung der Lesefähigkeit werden in Buchtexte eingebettete Tests und in Echtzeit ausführbare Daten eingesetzt. Ebenfalls zum Lesen animieren soll Speakaboos, eine digitale Bilderbuchplattform.


Hausaufgabenhilfe

Brainly gilt als das weltgrößte Social Learning Network, in dem sich die Nutzerinnen und Nutzer gegenseitig bei ihren Hausaufgaben helfen. Auch Yup ist ein Netzwerk für Nachhilfeunterricht. Rund um die Uhr können die Abonnentinnen und Abonnenten des kostenpflichtigen Services Nachhilfeunterricht per Messenger erhalten. Ein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung des Netzwerks lag darauf, dass die Schülerinnen und Schüler nicht einfach eine schnelle Bearbeitung ihrer Hausaufgaben bekommen, sondern dabei nachhaltig etwas lernen.

Die Homework App bietet Schülerinnen und Schülern ein besseres Management der eigenen Hausaufgaben durch Terminplanung, Priorisierung und Verwendung verschiedener Farbcodes.

„Bessere Noten in Schule & Uni“ verspricht Sofatutor durch die kostenpflichtige Unterstützung bei Hausaufgaben sowie der Vorbereitung von Klassenarbeiten und Abschlussprüfungen.

Plattformen für Lehrende und Schulen

Den Zugriff auf digitale Materialien für den Unterricht bietet Mein Unterricht für Lehrerinnen und Lehrer an. EDYOU positioniert sich als einfache und sichere Lernplattform und schulinternes soziales Netzwerk.





Weiterführende Informationen:

Ausserdem noch:

NMC Horizon Report 2016 Higher Education Edition



Ed Tech Developer’s Guide

Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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