KI in Bibliotheken: Wie Bibliotheken ihrer Verantwortung gerecht werden können

im Interview mit Dr. Argie Kasprzik (ZBW)

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI), insbesondere von Large Language Modelle (LLMs), birgt große Potenziale, kann aber auch eine Reihe von Nachteilen mit sich bringen. Zu den nicht erwünschten Folgen gehören beispielsweise beträchtliche Kosten für Umwelt und Klima, für die Gesellschaft, Informationsqualität und kognitive Kompetenzen sowie mögliche negative ökonomische und psychische Auswirkungen. Eine bewusste Verwendung von KI ist daher insbesondere für Bibliotheken angesichts ihrer gesellschaftlichen Rolle und Vorbildfunktion elementar. Dr. Argie Kasprzik hat sich in dem neuen Artikel „Die KI(rche) im Dorf lassen“ intensiv damit auseinandergesetzt. Einen kurzen Einblick finden Sie im Folgenden:

Worin liegen die Gefahren von Künstlicher Intelligenz für Open Science und für die Qualität von Informationen?

Die momentan den Markt dominierenden Deep-Learning-Modelle und -Dienste einer Handvoll großer Techfirmen sind in aller Regel nicht Open Source im strikten Sinne. Insofern widersprechen sie dem Reprozierbarkeitsgedanken von Open Science und führen zu einer Abhängigkeit von wenigen Anbietenden, mit erwartbar ungünstigen Folgen. Darüber hinaus führt die Geschwindigkeit, mit der diese Lösungen in die Fläche gepusht werden, zu allerhand unausgereiften Diensten und nicht zuverlässig als KI-generiert gekennzeichneten Inhalten mit zweifelhafter Qualität im Netz (“AI slop”) – mehr, als je von Menschen hätte produziert werden können. Das vermüllt die Informationslandschaft weiter und hat auch Folgen für zukünftige Modelle, die wiederum darauf trainiert werden.

Was ist das Wichtigste, das Bibliotheken im Sinne eines verantwortungsvollen Einsatzes von Künstlicher Intelligenz tun sollten?

Dafür zu kämpfen, dass im Informationsinfrastrukturbereich möglichst nur echte Open-Source-Modelle entwickelt und eingesetzt werden, für das Gemeinwohl und ohne den Einfluss profitgetriebener Interessen. Um dies zu erreichen, müssen dauerhaft die richtigen Bedingungen geschaffen werden, sowohl auf der rechtlich-politischen Ebene als auch in Bezug auf die nötigen Infrastrukturen und Datenbestände. Im Prinzip kann ein verantwortungsvoller KI-Einsatz nur über eine möglichst breite institutionelle Zusammenarbeit gelingen, um gemeinsam Lösungen zu schaffen, die in Bezug auf Transparenz und Offenheit kommerziellen Modellen überlegen sind.

Weitere Hintergründe und Empfehlungen von Dr. Kasprzik finden Sie im Artikel bei der Fachzeitschrift „o-bib – Das offene Bibliotheksjournal“: „Die KI(rche) im Dorf lassen“.

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Wir sprachen mit:
Dr. Argie Kasprzik leitet die Automatisierung der Sacherschließung (AutoSE) an der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Argies Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Überführung aktueller Forschungsergebnisse aus den Bereichen Machine Learning, semantische Technologien, Semantic Web und Wissensgraphen in den Produktivbetrieb der Inhaltserschließung der ZBW. Argie ist auch auf Mastodon zu finden.

Porträt, Fotografin: Romy Rimpler©

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