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von Athanasios Mazarakis und Isabella Peters

“What is critical for human-centered AI at work? – Toward an interdisciplinary theory” ist der Titel eines kürzlich erschienenen Artikels, an dem Dr. Athanasios Mazarakis und Prof. Dr. Isabella Peters von der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft beteiligt waren.

Hier fassen sie zusammen, welche Implikationen sich daraus für die zukünftige Arbeit in Bibliotheken ableiten lassen.

Menschenzentrierte KI

Der Artikel betont die Bedeutung von menschenzentrierter KI (englisch HCAI – Human-Centered AI) am Arbeitsplatz und schlägt eine interdisziplinäre Theorie vor, um dieses Ziel zu erreichen. Wir haben Schlussfolgerungen gezogen für HCAI am Arbeitsplatz, indem wir Erkenntnisse aus Disziplinen genutzt haben, die sich hauptsächlich auf Individuen (Psychologie), Technologie (HCI), Arbeit (HFE) oder den Arbeitskontext als ein Forschungsfeld unter vielen (Informationswissenschaft und Erwachsenenbildung) konzentrieren. Aus den grundlegenden disziplinären Überlegungen und den aktuellen Erfahrungen und Beobachtungen aus dem BMBF geförderten CoCo-Projekt (Connect & Collect: KI-gestützte Cloud für die interdisziplinäre vernetzte Forschung und Innovation für die Zukunftsarbeit) werden theoretische und praktische Implikationen abgeleitet, um HCAI mit den heutigen Anforderungen von Arbeitnehmer:innen und Unternehmen in Einklang zu bringen, die den Menschen beim Umgang mit der Komplexität von Informationen, Daten und Entscheidungen in den Mittelpunkt stellen.

Interdisziplinäre Theorien und Methoden für die Integration in Bibliotheken nutzen

Für Bibliotheksmitarbeiter:innen bedeutet dies, dass die Integration von menschenzentrierter KI bei der Entwicklung von Arbeit und Ausbildung im Vordergrund stehen sollte. Dies kann durch die Einbeziehung interdisziplinärer Theorien und Methoden erreicht werden, die sich auf den Menschen, die Technologie, die Arbeit und den Arbeitskontext konzentrieren.

Erste Schritte für menschenzentrierte KI in Bibliotheken

Ein sinnvoller erster Schritt für Bibliotheksmitarbeiter:innen wäre es, sich mit den in diesem Artikel vorgeschlagenen interdisziplinären Theorien und Methoden vertrautzumachen. Dann können sie beurteilen, wie diese Theorien und Methoden auf ihre Arbeit und Ausbildung angewendet werden können. Darüber hinaus können Bibliotheksmitarbeiter:innen mit anderen Fachleuten aus verwandten Bereichen zusammenarbeiten, um eine breitere interdisziplinäre Perspektive auf das Thema zu erhalten. Im Einzelnen werden die drei Aspekte wie folgt ausgestaltet:

  1. Einbeziehung von benutzer:innen-zentrierten Designprinzipien: Bibliotheksangestellte können benutzer:innen-zentrierte Designprinzipien anwenden, um sicherzustellen, dass KI-Systeme unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Präferenzen der Benutzer:innen entwickelt werden, also von Personen, die zum Beispiel Literatur ausleihen. Dies kann die Durchführung von Benutzer:innenforschung beinhalten, um die Bedürfnisse und Vorlieben von Bibliotheksnutzer:innen zu verstehen und diese Informationen für die Gestaltung von KI-Systemen zu nutzen, die intuitiv und einfach zu bedienen sind.
  2. Entwicklung von KI-Fachwissen: Bibliothekar:innen können KI-Kenntnisse entwickeln, um die Fähigkeiten und Grenzen von KI-Systemen besser zu verstehen. Dies kann das Erlernen der verschiedenen Arten von KI-Systemen, ihrer Funktionsweise und ihres Einsatzes zur Verbesserung von Bibliotheksdienstleistungen beinhalten. Durch die Entwicklung von KI-Kenntnissen können Bibliothekar:innen fundierte Entscheidungen über den Einsatz von KI in ihrer Arbeit treffen und sicherstellen, dass KI-Systeme auf verantwortungsvolle und ethische Weise eingesetzt werden.
  3. Zusammenarbeit mit anderen Expert:innen: Bibliothekar:innen können mit anderen Fachleuten aus verwandten Bereichen zusammenarbeiten, um eine breitere interdisziplinäre Perspektive auf das Thema der menschenzentrierten KI zu gewinnen. Dies kann die Zusammenarbeit mit Expert:innen aus den Bereichen Psychologie, Mensch-Computer-Interaktion, Informationswissenschaft und Erwachsenenbildung beinhalten, um ein umfassenderes Verständnis für die Auswirkungen von KI auf Bibliotheksdienste zu entwickeln. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Fachleuten können Bibliothekar:innen sicherstellen, dass ihre Arbeit auf den neuesten Forschungsergebnissen und bewährten Verfahren im Bereich der menschenzentrierten KI beruht.
  4. Begleitende Maßnahmen und Rahmenbedingungen von menschenzentrierter KI in Bibliotheken

    Darüber hinaus ist die Beachtung von Transparenz und Datenschutz von KI in Bibliotheksdiensten ein ethisch zu bearbeitender Aspekt für Bibliotheksmitarbeiter:innen. Des Weiteren sind Fortbildungen und die Entwicklung von Schulungsmaterialien relevante Punkte für die Vermittlung von menschenzentrierter KI durch Bibliotheken. Damit einhergehend sollten Bibliothekar:innen die Stakeholder:innen zu Bedürfnissen und Vorlieben bezüglich KI-Systemen befragen. Schließlich sollten relevante KI-Systeme von Bibliotheken beobachtet und evaluiert werden. Konkret ist damit Folgendes gemeint:

  5. Entwicklung ethischer Richtlinien: Bibliothekar:innen können ethische Richtlinien für den Einsatz von KI in Bibliotheksdiensten entwickeln. Dies kann die Festlegung von Grundsätzen für den verantwortungsvollen Einsatz von KI beinhalten, wie zum Beispiel die Gewährleistung von Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Entscheidungsfindung, den Schutz der Privatsphäre der Benutzer:innen und die Vermeidung von Voreingenommenheit und Diskriminierung. Durch die Entwicklung ethischer Richtlinien können Bibliothekar:innen sicherstellen, dass KI-Systeme in einer Weise eingesetzt werden, die mit den Werten und dem Auftrag der Bibliothek übereinstimmt
  6. Bereitstellung von Schulungen und Unterstützung: Bibliothekar:innen können dem Bibliothekspersonal und den Benutzer:innen Schulungen und Unterstützung bei der Nutzung von KI-Systemen anbieten. Dies kann die Entwicklung von Schulungsmaterialien, das Angebot von Workshops und Webinaren sowie die persönliche Unterstützung von Benutzer:innen, die Hilfe benötigen, umfassen. Durch die Bereitstellung von Schulungen und Unterstützung können Bibliothekar:innen sicherstellen, dass KI-Systeme effektiv und effizient eingesetzt werden und dass sich die Benutzer:innen bei der Nutzung wohl und sicher fühlen.
  7. Einbindung von Stakeholder:innen: Bibliothekar:innen können mit Stakeholder:innen (Benutzer:innen und Bibliothekar:innen an anderen Bibliotheken) in Kontakt treten, um Feedback und Anregungen zum Einsatz von KI in Bibliotheksdiensten zu sammeln. Dies kann die Organisation von Fokusgruppen, die Durchführung von Umfragen und das Sammeln von Feedback über soziale Medien und andere Kanäle umfassen. Durch die Einbindung der Stakeholder:innen können Bibliothekar:innen sicherstellen, dass KI-Systeme so konzipiert und eingesetzt werden, dass sie die Bedürfnisse und Vorlieben der Stakeholder:innen widerspiegeln.
  8. Überwachung und Bewertung von KI-Systemen: Bibliothekar:innen können KI-Systeme überwachen und bewerten, um sicherzustellen, dass sie wie vorgesehen funktionieren und die gewünschten Ergebnisse liefern. Dies kann die Auswertung von Nutzungsdaten, die Durchführung von Tests mit Benutzer:innen und das Einholen von Feedback von Bibliotheksmitarbeiter:innen und Benutzer:innen beinhalten. Durch die Überwachung und Evaluierung von KI-Systemen können Bibliothekar:innen verbesserungswürdige Bereiche identifizieren und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.

Bibliotheksarbeit durch die Integration menschenzentrierter KI verbessern:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Frontiersartikel “What is critical for human-centered AI at work? – Toward an interdisciplinary theory” wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung der Arbeit und Ausbildung in Bibliotheken liefert. Indem sie der Integration von menschenzentrierter KI Priorität einräumen, das menschliche Element in den Vordergrund stellen und interdisziplinäre Theorien und Methoden einbeziehen, können Bibliotheksmitarbeiter:innen ihre Arbeit verbessern. Es gibt eine Vielzahl von Anwendungen im Bibliothekskontext, die automatisiert werden können oder bereits automatisiert werden: Chatbots, Katalogisierung, Klassifikation, Empfehlungssysteme, personalisierte Empfehlungen, Bestandsverwaltung, Text- und Bilderkennung sowie Textanalyse und -generierung. Dies zeigt, wie wichtig menschenzentrierte KI bereits heute ist. Das zukünftige Potenzial wird im Artikel angedeutet. In jedem Fall bleibt es spannend zu beobachten, wie sich die weitere Entwicklung auch im Bibliothekswesen gestalten wird!

Originalartikel: What is critical for human-centered AI at work? – Toward an interdisciplinary theory”.

Dieser Text ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

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Über die Autor:innen:

Dr. Athanasios Mazarakis ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Web Science bei der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Er beschäftigt sich in seiner Forschung im Bereich Human-Computer Interaction (HCI) einerseits mit Anreizmechanismen wie Gamification und deren Anwendung in unterschiedlichsten Kontexten sowie Open Science oder Augmented und Virtual Reality. Außerdem ist er Teilarbeitsprojektleiter im Projekt „Connect & Collect: KI-gestützte Cloud für die interdisziplinäre vernetzte Forschung und Innovation für die Zukunftsarbeit“. Er ist bei ResearchGate, ORCID und LinkedIn zu finden.
Porträt: ZBW©

Prof. Dr. Isabella Peters ist Professorin für Web Science. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind nutzerzentrierte Forschung, Social Media und Open Science, Wissenschaftliche Kommunikation im Social Web und Altmetrics.
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