Art of Hosting: Betriebssystem für Open Science und Citizen Science?

Ein Art-of-Hosting-Schnupperkurs am 24.01.2018, organisiert von PerLe – Projekt erfolgreiches Lehren und Lernen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, gab den Anstoß, die Vorzüge des Art of Hosting in diesem Blog darzustellen. Denn Art of Hosting bietet einen geeigneten Rahmen und Methodenkoffer zur Förderung der Zusammenarbeit bei Open Science und insbesondere im Bereich der Citizen Science. Doch was ist Art oft Hosting überhaupt?

Die Haltung und das Betriebssystem für die Zusammenarbeit

Art of Hosting bezeichnet die Kunst, als Gastgeber gute Gespräche zu ermöglichen. Damit stellt Art of Hosting auch ein geeignetes Führungsinstrument dar (The Art of Participatory Leadership). Mit Art of Hosting können gemeinsam innovative Lösungen für komplexe Herausforderungen kreiert werden, die auf persönlicher Erfahrung, Dialog und Moderation basieren.

Art of Hosting fungiert als eine Art Betriebssystem für die Zusammenarbeit. Es wird damit auf die kollektive Weisheit und die Fähigkeit zur Selbstorganisation von Gruppen gesetzt und diese zur Erreichung guter Ergebnisse genutzt. Im Zentrum stehen dabei vor allem die eigene Haltung als Host und die Schaffung einer Kultur für gute Gespräche und gute Zusammenarbeit. Die Hosts und die Gäste begreifen sich alle als eine Gemeinschaft von Lernenden (Community of Practice). Zentral ist die Frage:“ Wie kann ich als Gastgeber einen Raum für den Austausch schaffen?“

Werkzeuge des Art of Hosting

Am Beginn des Art of Hosting steht eine zentrale kraftvolle Frage. Den Fokus auf eine solche, für alle Beteiligten relevante, Frage zu legen, ist für Citizen-Science-Projekte ebenfalls wertvoll. Zur Bearbeitung dieser Frage wird im Art of Hosting eine Mischung kraftvoller partizipativer Methoden eingesetzt.

Zu den grundlegenden Methoden des Art of Hosting zählen:

  • Kreis (Circle)
  • World Café
  • Open Space
  • Appreciative Inquiry

Im Kreis (Circle), als grundlegender Form aller partizipativen Prozesse, kommt man mindestens zu Beginn und Ende des Art of Hosting zusammen.

Beim World Café finden in kleinen Gruppen an Tischen Gespräche statt. So ist es möglich, auch in sehr großen Gruppen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu arbeiten. Mit einem World Café lässt sich beleuchten, was eine Gruppe zu einem Thema denkt und fühlt. Nach jeder Gesprächsrunde bleibt jeweils eine Person als “Gastgeber” an jedem der Tische sitzen, während alle anderen Teilnehmenden die Tische wechseln. So werden die Gesprächsfäden der vielen Tischrunden miteinander verwoben.

Die Open Space Technology eignet sich gut, um die Potenziale einer heterogenen Gruppe für die Arbeit an einer aktuellen Herausforderung zu nutzen. Schließlich fördert sie, dass alle ihre Gedanken und Ideen zu einer übergreifenden Frage beitragen. Alle Teilnehmenden werden eingeladen, Themen und Fragen zur Bearbeitung einzubringen. In den anschließenden Sessionphasen sind sie aufgefordert, ausschließlich an den Themenrunden teilzunehmen, die sie interessieren. Durch diese Freiheit werden bei den Teilnehmenden Enthusiasmus und Engagement gefördert und in kürzester Zeit Ergebnisse erzielt.

Eines der vier Prinzipien des Open Space lautet: “Wer immer auch kommt, es sind genau die richtigen Leute”. Dieses Prinzip hilft auch, eine wertschätzende Haltung gegenüber den anderen Menschen im Rahmen von Citizen Science zu verinnerlichen.

Bei der Methode der Appreciative Inquiry fokussiert man auf das Positive. Statt nur zu fragen, “Was ist das Problem?” und darauf herumzureiten, wird gefragt: “Was funktioniert schon und wie können wir mehr davon haben?”

Vier Dimensionen des Art of Hosting

Die vier Dimensionen des Art of Hosting helfen dabei, das Bewusstsein für die Vorgänge zu schärfen: Es ist gut, während des Art-of-Hosting-Prozesses immer wieder zu schauen, in welchem Bereich man gerade unterwegs ist, und die Balance zu halten. Dies trägt zu einem gelingenden Raum für Kollaboration und Lernen bei:

  1. Als Individuum präsent sein: Sich selbst “hosten”, achtsam und aufmerksam im Hier und Jetzt sein und sich zwischendrin immer wieder den Grund für die eigene Anwesenheit klar machen, fördert, dass man für sich das Gewünschte aus dem Prozess zieht und gut mit anderen im Austausch ist.
  2. An Gesprächen teilnehmen: Sich einbringen, als Lernende oder Lernender, als Zuhörerin oder Zuhörer. Mit einer Haltung der Offenheit und Neugierde auch auf Personen mit einem anderen Hintergrund, anderen Ansichten oder Ideen eingehen.
  3. Selbst zu Gesprächen einladen: Aufrufen und einladen, andere zur Teilnahme ermutigen, den physischen Raum dafür schaffen und gestalten, Ergebnisse festhalten.
  4. Zur Gemeinschaft von Lernenden beitragen: Zusammen lernen, stetig praktizieren, um Beziehungen und Fähigkeiten auf- und auszubauen, Mitwirken bei der Co-Creation.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten – auch für Open Science

Art of Hosting wird in einer Reihe von Branchen und von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen eingesetzt, von der Privatwirtschaft, über Nichtregierungsorganisationen, Bürgergruppen, bis hin zum öffentlichen Dienst und der Europäischen Kommission.

Die im Art of Hosting vermittelte Haltung ist auch im Kontext von Citizen Science hilfreich. Dazu zählt auch der dem Art of Hosting zugrundeliegende Gedanke des Chaordischen Pfades: Chaos und Ordnung werden gleichermaßen zugelassen und gefördert. Denn in der Schnittmenge zwischen Chaos und Ordnung liegt das Kreative Feld, das versucht wird, durch Hosting zu schaffen. Schließlich entstehen hier Kreativität, Innovationen und Lernen. Auch dies passt zum Ansatz der Citizen Science, denn die Einbindung von Externen, Bürgerinnen und Bürgern wird kaum vollkommen geordnet ablaufen können. Insofern ist es sinnvoll, durch den Art-of-Hosting-Ansatz schon darauf vorbereitet zu sein, dass Chaos entstehen wird – und dass es gilt, genau dieses zu begrüßen und produktiv zu nutzen.

Art of Hosting kann also die echte Zusammenarbeit und Co-Creation gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen von Citizen Science stärken.

Über den Bereich der Citizen Science hinaus sind die Haltung und die mit dem Art of Hosting vermittelten Methoden auch für andere Aspekte der Open Science gut geeignet. Schließlich liegt ihr Einsatzzweck darin, generell echte Zusammenarbeit zu unterstützen.

Weiterführende Informationen: Art of Hosting

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Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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