Die Zukunft wissenschaftlicher Kommunikationsweisen

Die wissenschaftliche Kommunikation ist gerade in Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung einem ständigen Wandel unterworfen. Welche wissenschaftlichen Kommunikations- und Publikationsformen sich zukünftig in den Wirtschaftswissenschaften entwickeln werden, wurde intensiv auf dem ZBW-Workshop „The Future of Scholarly Communication in Economics” diskutiert.

Mit der Digitalisierung der Wissenschaft verändern sich auch die Arbeitsweisen und Kommunikationsformen in Forschung und Lehre. Mit den Auswirkungen auf die Wirtschaftswissenschaften beschäftigte sich ein von der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft organisierter Workshop am 30. und 31.03.2015 in Hamburg. In dem international besetzten Workshop brachte die ZBW erstmalig rund 60 Personen aus den Informations- und Wirtschaftswissenschaften zusammen.

Den sich ändernden Arbeitsweisen trägt die Europäische Kommission in ihrer Konsultation zu Science 2.0 2014 Rechnung, (siehe auch), wie Klaus Tochtermann (ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft) zu Beginn des Workshops vorstellt.

Zugang zu Forschung öffnen

Mark McCabe (Boston University and University of Michigan) attestiert in seiner Eröffnung des Workshops ein Marktversagen in der wissenschaftlichen Kommunikation. Mark Armstrong (Oxford University) führt aus, dass Verleger gut an dem Zugang zu wissenschaftlichen Journals verdienen. Die Publikationszeiten von der Einreichung bis zum Erscheinen von wissenschaftlichen Artikeln sind viel zu lang. Vor diesem Hintergrund lotet Armstrong die Möglichkeiten von Open Access aus, um den Zugang zu Forschung zu öffnen.

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Rankings verengen

Bruno S. Frey (Zeppelin University Friedrichshafen) kritisiert, dass Rankings den Wissenschaftsprozess auf eine Zahl reduzieren. Rankings verzerren, da sie im Grunde nur Vorurteile und subjektive Einschätzungen von Herausgebern widerspiegeln können. Darüber hinaus reagieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Rankings und ändern ihr Verhalten. Insbesondere junge Forschende konzentrieren sich auf die Publikation von Journal-Artikeln und schreiben keine Bücher mehr, in denen Forschungsfragen in all ihren Facetten nachgegangen werden kann.

Offene und transparente Peer-Reviews

Margit Osterloh (CREMA, Zürich) problematisiert das Double Blind Peer-Review-Verfahren von Journals unter anderem aufgrund eines geringen Maßes an übereinstimmenden Einschätzungen, geringer Prognose-Qualität und einem hohen Ausmaß an Inkonsistenzen. Peer-Reviews seien unerlässlich für den wissenschaftlichen Fortschritt, aber sie sollten offener und transparenter ausgestaltet werden. So sollten die Autoren beispielsweise ihren Beitrag zunächst in einem Repository veröffentlichen und selbst ihre Gutachter aussuchen können.

Replikationsstudien notwendig

Es gibt bisher zu wenig Anreize für Forschende, Replikationsstudien durchzuführen. Maren Duvendack (University of East Anglia) führt an, dass es zu viel Zeit kostet und zu wenig Anerkennung beispielsweise in Form von Zitationen einbringt. Ihre Studie hat gezeigt, dass 60% der Replikationsstudien bei nur sechs Journals erscheinen.

Christian Zimmermann (Federal Reserve Bank of St. Louis) zeigt die Notwendigkeit eines Replication Journals auf. Gegenüber Replikationsstudien gebe es eine negative Einstellung, die es zu überwinden gelte. Die Erstautoren betrachten die Replikation als Wettstreit und haben als mögliche Gutachter Anreize, die Replikationsstudie abzulehnen. Deshalb sind Replication Journals wichtig, um einen sicheren Hafen für Replikationen zu bieten und eine Kultur für Replikationen und deren Veröffentlichung zu etablieren.

Open Access durch Verlage oder Repositorien

Frank Müller-Langer (Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb) stellt die Frage, ob es sich für Forschende lohnt, die Verlage dafür zu bezahlen, eigene Artikel Open Access verfügbar zu machen. Schließlich nimmt die Selbstarchivierung von Working Papers zu und auch das lenkt zunehmend Aufmerksamkeit auf eigene Forschungsarbeiten.

Ankündigungen in Newslettern steigern Zitationen

Den Zusammenhang der Sichtbarkeit von Forschungsarbeiten (und ihren Autorinnen und Autoren) und Zitationen haben Patrick Gaulé (CERGE-EI, Prag) et al. untersucht. Dabei haben sie festgestellt, dass Working Paper, die im regelmäßigen Newsletter (NBER – New This Week) angekündigt werden, öfter zitiert werden. Dabei ist es von Vorteil, wenn das Paper möglichst weit oben in der Liste aufgeführt ist und wenn die Liste insgesamt nicht zu lang ist, weil die Aufmerksamkeit für das einzelne Paper dann abnimmt.

Netzwerke werden wertvoller

Der Wert von formalen und insbesondere informellen Netzwerken nimmt zu. Michael Rose (Institut für Weltwirtschaft, Kiel) zeigt auf, dass eine stärkere Vernetzung die Zitationen von eigenen Publikationen positiv beeinflusst. Auch eine höhere Zahl von Autorinnen und Autoren einer Veröffentlichung erhöht die Zitationen, da die Netzwerke entsprechend größer sind.

Soziale Medien

Auch der Einsatz von Sozialen Medien in den Wirtschaftswissenschaften spielt eine Rolle in der wissenschaftlichen Kommunikation. Allerdings müssen diese Instrumente nützlich für die Forschenden sein – beispielsweise wenn sie Kommunikationswege vereinfachen, stellt Isabella Peters (ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft) die Ergebnisse einer Studie zur Nutzung von Social Media-Diensten in den Wirtschaftswissenschaften vor. Gerade für den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einer breiten Öffentlichkeit verfügen Soziale Medien über große Potenziale.

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