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Die Prinzipien offener Forschung im Sinne von Open Science rücken immer mehr in den Fokus, was sich derzeit beispielsweise gut auf europäischer Ebene mit der Open-Science-Agenda beobachten lässt. Open Science betrifft alle Stakeholder des Wissenschaftssystems, Bibliotheken beziehungsweise Informationsinfrastrukturen eingeschlossen. Immer wieder wird betont, dass eine breite Akzeptanz und Umsetzung von Open Science auch entsprechende Anreize benötigt. Um Open-Science-Konzepte in der Bibliothekscommunity sichtbarer zu machen und ihre Umsetzung zu fördern, hat ein Team um Gerald Langhanke mit dem Open Library Badge einen ersten Schritt für ein entsprechendes Anreizsystem für Bibliotheken vollzogen.

Hinter dem Open Library Badge steht eine informelle Arbeitsgruppe von Freiwilligen aus der Bibliotheksbranche, die sich für Openness einsetzen, und in der weitere Interessierte willkommen sind. Felix Lohmeier, (seit April 2016 freier IT-Berater im Kultur- und Wissenschaftsbereich; zuvor Leiter der IT-Abteilung der SLUB Dresden), aus der Arbeitsgruppe erläutert uns die Details des Open Library Badges:

Was ist der Open Library Badge genau?

Der Badge soll Aktivitäten und Angebote von Bibliotheken sichtbar machen, die das Konzept der Offenheit fördern. Es gibt eine Checkliste mit 10 praktisch gehaltenen Empfehlungen, die zuvor gesammelt und über eine Abstimmung ausgewählt wurden. Bibliotheken, die mindestens 3 dieser 10 Empfehlungen umgesetzt haben, können das Badge auf ihrer Webseite führen. Wir sammeln auf der Webseite die Best Practices, damit alle voneinander lernen können.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen und wer steckt dahinter?

Auf der Suche nach einem Vortragsthema für die 13. InetBib-Tagung (Februar 2016, Stuttgart) kam mir der Gedanke, dass es bereits viele programmatische Forderungen zu mehr Openness in Bibliotheken gibt, aber noch keine Sammlung von praktikablen Schritten. Im Vortrag habe ich 10 Punkte vorgeschlagen und zur Sammlung von weiteren Ideen aufgerufen. Dabei sind insgesamt 22 Vorschläge zusammengekommen. Über eine offene Abstimmung, an der sich immerhin 130 Personen beteiligt haben, wurden die besten 10 ausgewählt. Das Ergebnis ist die “Openness-Checkliste”.

openlibrarybadgeopenness

Darauf aufbauend hatte Gerald Langhanke (TU Darmstadt) dann die Idee, dass es noch einen Anreiz geben müsse, eine Art spielerischen Wettbewerb, damit die Aktivitäten der Bibliotheken auch sichtbar werden und ein Austausch von Best Practices ermöglicht wird. Daraus haben wir in einer Gruppe von Interessierten dann den Open Library Badge entwickelt.

Aktuell besteht die Arbeitsgruppe aus Gabriele Fahrenkrog, Lambert Heller, Gerald Langhanke, Felix Lohmeier, Charlotte Meixner, Matti Stöhr und Michaela Voigt. Es ist ein informeller Zusammenschluss von Freiwilligen aus der Bibliotheksbranche, die sich für Openness einsetzen. Weitere Interessierte sind willkommen.

Auf den Open-Access-Tagen 2016 (Oktober 2016, München) haben wir die Initiative gestartet und mit einem Poster vorgestellt. Das Logo und das Poster für die Open-Access-Tage in München hat Anton Katzer gestaltet. Die WordPress-Installation wurde von Phu Tu bereitgestellt.

Wie funktioniert die Bewertung und wie können sich Bibliotheken bewerben?

Wir prüfen nur formal, ob die Kriterien aus der Checkliste erfüllt sind oder nicht. Wenn Bibliotheken mindestens 3 von 10 Kriterien erfüllen, dann erhalten sie den Badge. Um die Überprüfung leichter zu machen, haben wir zu jedem Kriterium überlegt, wie dieses nachgewiesen werden kann, und geben im Bewerbungsformular entsprechende Vorschläge.

Viele Bibliotheken sind ja schon in den Bereichen Open Access und Open Source aktiv, ohne dass sie dies groß unter dem Motto „Openness“ propagieren. Interessierte Bibliotheken können das Formular einfach mal für sich Schritt für Schritt durchgehen, daraus vielleicht ein paar Anregungen mitnehmen und prüfen, wo sie heute stehen. Wer aus dem Stand schon 3 von 10 Kriterien erfüllt, kann das Formular abschicken und sich gleich den Badge abholen.

openlibrarybadgekriterien

Wie viele Bibliotheken haben sich 2016 beworben?

Es sind vier Bewerbungen eingegangen, von denen zwei auch bereits den Badge erhalten haben. Wir wissen von weiteren Bibliotheken, die ihre Anmeldung vorbereiten und hoffen auf möglichst viele Bibliotheken, die mitmachen. Am wichtigsten ist uns die Sammlung der Best Practices und dafür brauchen wir möglichst viele konkrete Erfolgsbeispiele.

Wie “offen” ist die Vergabe des Open Library Badges selbst?

Bewerbungen behandeln wir vertraulich. Mindestens drei Beteiligte aus der Arbeitsgruppe schauen sich die gesendeten Nachweise an und prüfen, ob diese den Kriterien vollumfänglich entsprechen. Das Ergebnis und etwaige Rückfragen melden wir an die Bewerberinnen zurück. Wenn die Bibliothek nichts dagegen hat, dann sammeln wir die Nachweise auf der Webseite als Best Practices. Die Vergabe des Badges wird mit dem Dienst Badgecraft dokumentiert und per Twitter verbreitet.

Wie ist die bisherige Resonanz aus der Bibliothekscommunity auf den Open Library Badge?

Sehr gut, wir freuen uns über die Beiträge und die ersten Bewerbungen. Auch das persönliche Feedback auf den Open-Access-Tagen war toll. Ein Zeichen dafür ist auch, dass unser Poster dort den 1. Preis bekommen hat. Ich denke, es braucht noch ein wenig Zeit, bis sich die Aktion herumspricht. Wenn eine schöne Sammlung von Best Practices entsteht, von denen alle lernen können, dann war die Aktion ein Erfolg.

Wie ist aus Eurer Sicht der Stand in der Bibliothekscommunity bezogen auf die Umsetzung von Offenheit?

Es liegt viel Gold auf der Straße, würde ich persönlich sagen. In der Arbeitsgruppe haben wir beobachtet, dass die Bibliotheken ganz unterschiedliche Schwerpunkte legen. Viele engagieren sich in einem Teilaspekt, fast alle beispielsweise im Bereich Open Access. Eine konsequente Umsetzung des Prinzips der Offenheit bietet aber auch in anderen Bereichen tolle Entwicklungspotentiale und manchmal bringt ein kleiner Schritt große Wirkung.

Es gibt in fast jeder Großstadt in Deutschland aktive Open-Data-Communities, die sich sehr über eine Zusammenarbeit mit Bibliotheken freuen würden. Wer sich öffnet, kann neue Freunde gewinnen.

Die Aktion Coding Da Vinci zeigt beispielsweise eindrücklich, wieviel Kreativität und Enthusiasmus die Entwickler-, Design- und Gamescommunities bereit sind einzubringen, wenn Bibliotheken auf sie zugehen und sich öffnen.

Was sind die konkreten Voraussetzungen, um sich für den Open Library Badge zu qualifizieren?

Drei von 10 Kriterien müssen erfüllt werden. Einfach mal das Bewerbungsformular durchspielen. Vielleicht sind Sie bereits so weit und falls nicht, gibt es hoffentlich ein paar wertvolle Anregungen zu entdecken. Apropos: Wann dürfen wir denn mit der Bewerbung der ZBW rechnen? 😉

Weiterführende Informationen:

  • Open Library Badge hat den ersten Preis für das Poster auf den Open-Access-Tagen 2016 erhalten,

  • Best Practices der ersten Badge-Träger,
  • Blogpost vom 14.11.2016 der SLUB Dresden “Offenheit zeigen, vertreten und entwickeln – die SLUB erhält Open Library Badge 2016”,
  • News der TU Berlin vom 09.11.2016: UB erhält den Open Library Badge 2016.






 Felix Lohmeier (Seit April 2016 freier IT-Berater im Kultur- und Wissenschaftsbereich; zuvor Leiter der IT-Abteilung der SLUB Dresden.)

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