Herausforderungen: Eine Wetterwarnung für das Cloud-Computing

Es hat einige Zeit gedauert, bis aus dem einstigen Hype rund um das Cloud-Computing tatsächlich Realität wurde. Heute verlegen immer mehr Unternehmen systematisch ihre Dienste in die Datenwolke – weg vom Desktop-Netz, hin in ein dezentrales Metanetz, das je nach Belieben angezapft werden kann. Die Cloud ist keine Zukunftsmusik mehr und wer tatsächlich noch Zweifel daran hat, sollte sich einmal diese beeindruckende Liste anschauen, die Sascha Lobo im Rahmen der CeBIT kürzlich angelegt hat: Für beinahe jeden Bereich des Arbeits- und Privatlebens gibt es mittlerweile passende Cloud-Angebote. Und warum auch nicht? Das Arbeiten ist der Wolke ist nicht nur praktisch, sondern ermöglicht die ständige und geräteunabhängige Verfügbarkeit wichtiger Daten, setzt im Vergleich zum lokalen Speicher weniger Ressourcen voraus und spart damit ordentlich Kosten – so zumindest werben die Unternehmen.

Doch es gibt auch eine Kehrseite; es gibt sogar mehrere. In den vergangenen Wochen tauchten immer wieder Meldungen auf, die kleine Risse im perfekten Image der Cloud sichtbar werden ließen. Da der Trend zum bewölkten Internet unumkehrbar ist, lohnt es sich also, einmal einen genaueren Blick auf die derzeitigen Schwachstellen zu werfen.

Die Datensicherheit

Vor ein paar Tagen unterlief Google ein Missgeschick. Bei Arbeiten am Backend des Maildienstes Gmail wurden von 120.000 Nutzern versehentlich die Mails gelöscht, darüber hinaus wurden einige eingehenden Nachrichten nicht zugestellt. Schnell stand Google im Visier der globalen Kritik: Wie konnte so etwas nur passieren? Dass gerade dem Suchriesen ein solcher Fehler unterlief (PDF mit den Details), ist eine pikante Angelegenheit, immerhin versucht Google mit allen Mitteln, die Schar der Nutzer in die Cloud zu treiben: Google Docs, das die klassische Bürosoftware ablösen soll, war nur der Anfang. Das hauseigene Betriebssystem Chrome OS soll künftig lokale Festplatten endgültig überflüssig machen. Aus Programmen werden Apps und diese liegen nicht in irgendwelchen Verzeichnissen verborgen, sondern werden direkt im Browser aufgerufen. Nach dem Gmail-Vorfall fragten jedoch viele Nutzer zu Recht: Wie sicher sind meine Daten in der Cloud überhaupt aufgehoben? Antwort: So sicher, wie es der Anbieter will und es sich leisten kann. Idealerweise entfällt die lokale Sicherheitskopie für den Nutzer; dann ist er aber auch auf Gedeih und Verderben den Backup-Lösungen der Unternehmen ausgeliefert.

Der Datenschutz

Die Intransparenz vieler Cloud-Dienste ruft immer wieder eine Gruppe auf den Plan: die Datenschützer. Kaum ein Nutzer der Cloud weiß, wo seine Daten eigentlich liegen und wer letztendlich Zugriff darauf hat. Als auf einigen Blogs kürzlich die Werbung für einen neuen Dienst auftauchte, der eine problemlose Lösung für die Buchhaltung im Internet versprach, machten sich beinahe reflexartig Zweifel unter der Leserschaft breit:

So schön die Idee dahinter auch ist und ich das Praktische daran auch absolut verstehe – aber solche Sachen gehören nicht in die Cloud bei einem FREMDEN Server. Ich trage hier alle meine finanziellen Angelegenheiten ein – und schwupps ist es weg auf einem Server irgendwo in Deutschland oder gar anderswo – kein Schutz, der mir garantiert, dass andere da nicht auch “mal reinlesen” – sei es andere Firmen oder unsere lieben Behörden. Und da kann meinetwegen noch soviel in den AGBs stehen. Daten sind weg. Daher: Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.

Der Einwurf ist berechtigt. Die Skrupel könnten auch dadurch verstärkt werden, dass heute die meisten Cloud-Anbieter im Ausland sitzen – und damit auch anderen Regeln des Datenschutzes unterliegen. Und selbst dann ist nicht gewährleistet, dass sie sich daran halten.

Die laufenden Kosten

Bei der Euphorie rund um die Cloud sollte man eines nicht vergessen – und zwar vor allen in Hinblick auf den mobilen Zugang. Auch, wenn sich Nutzer nun Smartphones und Tablets mit großen Flash-Speichern sparen können – gezahlt wird dafür an anderer Stelle. Als Apple im Jahr 2007 erstmals das iPhone vorstellte, wunderten sich Kritiker, dass es nicht einmal über ein integriertes Radio verfügte. “Warum auch?”, hieß es dann in einer Antwort seitens Apple. Das iPhone ist internetfähig und kann damit auf ein gigantisches Angebot an digitalen Radio-Streams zurückgreifen – jederzeit und wo der Nutzer es will. Das Problem dabei ist jedoch: mobiler Traffic ist teuer. In Deutschland gibt es bei vielen UMTS-Verträgen sogenannte Drossel-Klauseln, dank derer HSDPA-Geschwindigkeiten schnell auf GPRS reduziert werden. Wer unterwegs uneingeschränkten Internetzugang haben möchte, muss auch im Jahr 2011 noch tief in die Tasche greifen.

Dieses Problem gewinnt vor allem vor dem Hintergrund neuer Vertriebsmodelle für digitale Güter eine neue Bedeutung. Beispiel: die Musikindustrie.

Die aufstrebenden Cloud- und Streaming-Dienste profitieren von den mittlerweile ausreichenden technologischen Voraussetzungen, um attraktiv für die Kunden zu sein. Zudem liefern gerade Smartphones und der Bereich Mobile Music eine Plattform, die derzeit als Rettungsanker der Musikindustrie gehandelt wird.

An die Kosten auf Seiten der Nutzer wird dort kaum gedacht.

Bild: Flickr, Fotograf: pagedooley

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