ZBW MediaTalk

Keine Sorge, das wird keine schnöde Buzzwords-Attacke – eher eine Buzzwords-Erläuterung, mit (so hoffe ich) erhellenden, neuen Einblicken für alle Bibliotheken, die sich im Service-Bereich breiter aufstellen möchten. Also, worum geht es?

Als ich vor einigen Monaten meine Arbeit bei der ZBW aufnahm, bestand eine meiner ersten Handlungen darin, “Locations” oder “Places” zu “claimen”. Location Based Services (kurz: “LBS”, oder ent-buzzed auch “Standortbezogene Dienste” bezeichnet) tauchten erstmals auf, als aus den alten Handys neue Smartphones wurden, die plötzlich über Internetanbindung und GPS-Sender verfügten. Dienstanbieter haben darin neue Chancen entdeckt und die Erde mit einer Art virtuellem Grid überzogen, so dass neben der echten geografischen Karte ein Parallel-Universium entstand. Beispiel: Wer ein Café in der realen Welt betritt, hat nun auch die Möglichkeit, dieses Café virtuell auf einer Karte zu verorten und es ebenso virtuell zu betreten, indem er sich “eincheckt”. In dem Moment, in dem dies geschieht, werden alle Mitglieder einer zuvor angelegten Freundesliste darüber informiert.

“Wozu, zum Teufel, soll das gut sein?”

Wer von LBS bislang noch nichts gehört hat, dürfte nun ungläubig mit dem Kopf schütteln und die zunächst völlig berechtigte Frage in den Raum werfen: “Wozu, zum Teufel, soll das gut sein?” Die Antwort fällt kompliziert aus. In den Anfangszeiten wurden derlei Dienste als Spiel konzipiert. Anbieter, wie beispielsweise Foursquare, verknüpfen den GPS-Spaziergang – das Einchecken und Eröffnen neuer Locations – mit einem Belohnungssystem. Wer sich häufig bei Orten anmeldet, erhält zum Beispiel ein Badge, das den Freunden des Nutzers seine Reisefreudigkeit beweist. Gleichzeitig wird im Netzwerk auf neue Orte hingewiesen, die besonders beachtenswert sein können: etwa ein Restaurant, ein Museum oder eben eine Bibliothek.

Die Spiele wurde binnen kürzester Zeit immer bekannter. Heute sind weltweit knapp sieben Millionen Nutzer bei Foursquare registriert. Auch andere Anbieter, wie Facebook (Places), Gowalla oder auch Qype erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Kürzlich hat Microsoft eine Studie zu Location Based Services in Deutschland veröffentlicht, aus der ich kurz die Zahlen zitieren möchte:

58 Prozent der Deutschen haben Location Based Services der aktuellen Microsoft-Studie zufolge bereits für sich entdeckt, um unterwegs von ihren vielfältigen standortbezogenen Informationen zu profitieren. Knapp ein Drittel von ihnen (31 Prozent) nutzt sie inzwischen regelmäßig ein bis zwei Mal im Monat. Mehr als jeder Vierte (28 Prozent) checkt weniger als alle vier Wochen an seinem Aufenthaltsort ein, zwei Prozent lassen sich sogar täglich über GPS orten.

Bei den Nutzerzahlen ist noch ordentlich Luft nach oben, denn nun kommt ein weiteres Moment hinzu. Die Wirtschaft hat schnell das Potential des Community-Engagements erkannt. Der Besitzer des oben erwähnten Cafés könnte ja durch die kostenlose (da durch Nutzer generierte) Werbung profitieren. Er kann sogar so weit gehen, dass er jedem, der sich in sein Café eincheckt, eine echte Belohnung anbietet: etwa einen Gutschein für einen kostenlosen Latte Macchiato. Und genau dies geschieht derzeit. Immer mehr Unternehmen, Organisationen oder sonstige Institutionen belohnen den virtuellen Besuch ihrer Kunden. Aus den USA kommt ein schönes Beispiel dazu, über das ich an anderer Stelle schon einmal berichtet habe: McDonald’s hatte am “FourSquare-Day 2010” öffentlich erklärt, dass jeder eingecheckte Filialbesucher die Chance hat, einen von hundert Gutscheinen à zehn Dollar zu gewinnen. Das Ergebnis? Die Checkin-Aktivität (und damit die Laufkundschaft) in den Fastfood-Filialen stieg an diesem Tag landesweit um satte 33 Prozent. Die Kosten der Aktion beliefen sich auf rund 1.000 US-Dollar.

Wie kommen Bibliotheken und Infozentren ins Spiel?

Blicken wir jetzt auf Location Based Services und Bibliotheken. Die ZBW-Standorte Kiel und Hamburg wurden bereits von Nutzern in vielen standortbezogenen Diensten angelegt (an dieser Stelle: Dankeschön!). Heute sind unsere Häuser unter anderem bei Foursquare, Gowalla, Qype und natürlich Facebook Places zu finden. Ich habe Kontakt mit allen Betreibern aufgenommen und ihnen versichert, dass wir rechtmäßiger Inhaber der virtuellen Orte sein – das ist es, was man unter dem “Claimen” einer “Location” versteht und es ist ein völlig normaler Vorgang. Als legitimer Location-Besitzer ist es uns nun möglich, mit den eingecheckten Nutzern zu interagieren, ihnen schon bei der Ankunft zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen oder kleine Aktionen zu starten.

Wir haben vor einigen Tagen damit begonnen, die LBS-Kanäle aktiv zu besetzen und zu betreiben – und haben bereits recht positives Feedback erhalten. Die Anstrengung werden wir in den kommenden Wochen weiter verstärken und dann unsere Erfahrungen hier auf dem Blog weitergeben.

 

Leitfaden: Location Based Services

 

Bis es aber soweit ist, möchte ich im Folgenden kurz für alle Interessierten festhalten, was beim aktiven Einstieg in die standortbezogenen Dienste zu beachten ist:

1. Claimen Sie die Locations

Die Chancen stehen ziemlich gut, dass einer Ihrer Kunden bereits eine virtuelle Dépendance für Sie angelegt hat. Nun geht es darum, sich als rechtmäßiger Besitzer zu offenbaren. Alle Anbieter bieten dafür spezielle Interfaces. Einige schicken Ihnen darauf hin eine Postkarte mit einer PIN zu, andere wickeln die Verifizierung telefonisch ab.

2. Ergänzen Sie fehlende Informationen

Wer eine Location übernimmt, ist meistens mit einem kreativen Info-Trümmerhaufen konfrontiert, der von unterschiedlichen Nutzern zusammengetragen wurde. Bringen Sie alle Informationen (Beschreibung, Angebote, Öffnungezeiten, Kontaktmöglichkeiten etc.) auf den neuesten Stand. Viele Dienste erlauben es zudem, dass Sie Ihren Eintrag um repräsentative Bilder erweitern. Machen Sie davon Gebrauch.

3. Aktives Marketing – auch vor Ort

Machen Sie darauf aufmerksam, dass Sie an LBS-Programmen teilnehmen. Kommunizieren Sie dies online auf Ihren Netzauftritten, vergessen Sie aber auch die reale Welt nicht: Es ist hilfreich, im Eingangsbereich entsprechende Schilder zu platzieren, über die Sie Ihre Besucher animieren können, sich über den Dienst Ihrer Wahl einzuchecken.

4. Behalten sie die Locations im Auge

Willkommen im Social Web – Ihre Kunden nutzen Ihre Locations, um sich über sie auzutauschen und ihre Erfahrungen zu teilen. Gibt es positives Feedback? Super. Gibt es Kritik? Auch die sollten Sie sich zu Herzen nehmen und zeitnah eine Antwort darauf finden können. Bedenken Sie, dass derlei Bewertungen sich schnell verbreiten und sich dabei lange im Netz halten können.

5. Starten Sie Aktionen

Bieten Sie Ihren Kunden Anreize, um sich bei Ihnen anzumelden: Wie sieht es mit einem Gratis-Kaffee in der Cafeteria aus oder einer kostenlose Dublette aus Ihrem Magazin? Planen Sie die Aktionen in jedem Fall sorgfältig und versprechen Sie nichts, was Sie später nicht halten können. Unterrichten sie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen, damit sie wissen, worum es geht, wenn ein Kunde plötzlich am Info-Desk auf sein Handy-Display zeigt.

Next Post