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Das bleibt jetzt hier bitte unter uns: Als ich noch in Köln studierte, schickte mich mein Professor in die UB, genauer gesagt, in das Magazin. Ich entlieh ein Buch aus dem 17. Jahrhundert und befolgte den Auftrag: “Ach, kopieren Sie doch bitte diese zwanzig Seiten daraus in der Institutsbibliothek.” Ich suchte mir eine ungestörte Ecke im Germanistischen Institut und begann, ganz vorsichtig die Seiten zu blättern und zu kopieren: bis mich die Bibliotheks-Chefin erwischte und mich laut zusammenfaltete. Ich fühlte mich, als hätte ich irgendein Weltkulturerbe mit Graffiti besprüht.

Gemeinsam gingen wir zu meinem Professor, der die ganze Aufregung nicht verstand: “Das Buch ist unersetzlich!”, polterte die Dame. “Und das bedeutet, dass niemand damit arbeiten darf?”, entgegnete er. “Wofür sammeln wir denn das Wissen, wenn es von keiner Person genutzt werden darf? Für die Mäuse im Keller?” Ich empfand diese Argumentation damals als ziemlich einleuchtend. Sie nicht.

Dies nur als kleine Geschichte vornweg, denn ich bin froh, dass nun andere Wege gibt, um altes Wissen verfügbar zu machen. Das neueste Beispiel kommt aus Großbritannien, wo die British Library vor ein paar Tagen ihre “19th Century Historical Collection”-App für das iPad präsentierte. Hier wird keine schmucklose OCR-Literatur geboten, sondern farbige Scans aus über 60.000 internationalen Werken: Mary Shelleys “Frankenstein” ist dabei, aber auch “Oliver Twist” von Charles Dickens. Die Britsih Library spricht in ihrer Pressemitteilung von einem “intimen” Zugang zu den Büchern – was aufgrund der detaillierten Scans und der iPad-Haptik auch stimmen dürfte.

Realisiert wurde die App mit Hilfe US-Entwicklerschmiede Bibliolabs. Die British Library gibt in der vergangenen Zeit mächtig Gas beim Mobile Publishing. Erst kürzlich wurde die App Treasures veröffentlicht, über die noch frühere Werke zu bestaunen sind.

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