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Als „Wissenschaftsladen“ oder „Science Shop“ werden Einrichtungen bezeichnet, die eine Brücke zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft schlagen. Kostenlos oder für einen geringen Geldbetrag bieten Wissenschaftsläden den Zugang zu Wissenschaft und Technologie. Indem sie über neue Erkenntnisse informieren und kritische Fragen beantworten, machen sie zum einen Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung für gesellschaftliche Fragestellungen nutzbar. Zum anderen werden so Fragestellungen aus der Gesellschaft und Ideen für Forschungsprojekte in die Wissenschaft gebracht.

Der Dialog und der Wissenstransfer zwischen beiden Bereichen werden so gestärkt. Forschungsthemen können greifbarer werden und Forscherinnen und Forscher sich stärker an die Gesellschaft koppeln. Meistens gehören Wissenschaftsläden zu einer Universität oder einer nichtstaatlichen Organisation. Manche Wissenschaftsläden sind auf bestimmte Fachrichtungen spezialisiert. Im Allgemeinen unterliegen sie aber keinen thematischen Begrenzungen.

Wissenschaftsläden und Citizen Science

Erstmals eingerichtet wurden Science Shops in den 1970er Jahren in den Niederlanden an Universitäten. Im Kontext von Open Science, und insbesondere Citizen Science, sowie Makerspaces und Lernen 4.0 könnte das Konzept der Science Shops an neuer Schlagkraft gewinnen, zumal sie auch von der Europäischen Kommission gefördert werden.

Die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Wissenschaft stärken Wissenschaftsläden etwa mit der Beteiligung an Projekten zu Responsible Research and Innovation. Auch die von Wissenschaftsläden eingesetzten Methoden, etwa am Beispiel des Wissenschaftsladen Bonn, eignen sich, um Citizen Science zu stärken.

Konzept der Wissenschaftsläden ausweiten

Mit dem neuen EU-Projekt SciShops soll das Konzept der Wissenschaftsläden nun europaweit ausgebaut werden.

Es vereint 18 Projektpartner aus 13 europäischen Ländern. Unter anderem sollen Handreichungen für neue Wissenschaftsläden das Knowhow übermitteln, wie Wissenschaftsläden gezielt und effizient arbeiten können. Zudem sollen mindestens zehn neue Science Shops von den Projektpartnern gegründet werden.

Wissenschaftsläden vernetzen und sind vernetzt

Wissenschaftsläden sind weltweit durch Netzwerke wie Living Knowledge vernetzt. Ziel des Netzwerkes ist es, das öffentliche Engagement zu stärken und die Teilnahme auf allen Ebenen von Forschung und Innovation zu unterstützen.
Für die Unterstützung von Wissenschaftsläden hat Living Knowledge eine Toolbox mit Informationsressourcen für die Gründung und den Betrieb eines Wissenschaftsladens veröffentlicht.

Wissenschaftsläden in Deutschland

Der seit 1984 existierende Wissenschaftsladen WILA Bonn ist ein Beispiel für die Umsetzung des Konzeptes in Deutschland. Seine Arbeit ist zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen gewidmet, etwa dem gigantischen Flächenverbrauch, der Energiewende, nachhaltigen Arbeitsfeldern, sozialer Gerechtigkeit. Er ist ein gemeinnütziger Verein, der kostendeckend, aber nicht gewinnorientiert arbeitet. Lediglich das zugehörige Bildungszentrum erhält als anerkannter Weiterbildungsträger eine regelmäßige institutionelle Teilförderung. Andere Teile der Arbeit werden unter anderem durch Drittmittelprojekte finanziert, aber auch durch Informations-, Mess-, Beratungsdienstleistungen und Vorträge. Ursprünglich entstanden ist er aus der Empörung über „im Elfenbeinturm forschende“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mit rund 35 fest angestellten Beschäftigten ist er der größte Science Shop weltweit.

Der Science Shop Nürnberg versteht sich als offener Freiraum, in dem wissenschaftliche Projekte mit den Schwerpunkten Ernährung und Landwirtschaft, Stadtentwicklung, Energie und Technik umgesetzt und diverse Formate rund um Wissenschaft zum Selbermachen entwickelt werden. Wissenschaft soll so für Menschen erfahrbar gemacht werden und ihre Anliegen an die Wissenschaft herangetragen werden.

Der partizipative Wissenschaftsgedanke von „Open Access zur Wissenschaft“ ist Schwerpunkt der Arbeit im Science Shop Vechta/Cloppenburg. Mit dieser Serviceeinrichtung zeigt die Universität Vechta ihr gesellschaftliches Engagement in der Region.

Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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