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von Birgit Fingerle

Finnland war eines der ersten Länder, das damit begonnen hat, den Open-Science-Ansatz systematisch zu fördern. Eine vom finnischen Ministerium für Bildung und Kultur im Januar 2020 veröffentlichte Evaluierung des erreichten Offenheitsgrads zeigt, dass finnische Wissenschaftsorganisationen beeindruckende Ergebnisse bei der Umsetzung von Open Science erzielen. Der “Atlas of Open Science and Research in Finland 2019 – Evaluation of openness in the activities of higher education institutions, research institutes, research-funding organisations, Finnish academic and cultural institutes abroad and learned societies and academies.” (Link in englischer Sprache) wurde verfasst, um Best-Practices und noch weiter zu entwickelnde Bereiche hervorzuheben.

Er zeigt, dass die 38 erfassten Hochschulen und 12 finnischen Forschungsinstitute, drei große finnische Forschungsförderungsorganisationen, vier finnische Wissenschafts- und Kulturinstitute im Ausland und sieben wissenschaftliche Gesellschaften und Akademien im Vergleich zu früheren Evaluierungen viele konkrete Maßnahmen ergriffen haben.

Die Universitäten erreichen die höchsten Reifegrade

Ein fünfstufiges Reifegradmodell wurde verwendet, um die Organisationen auf der Grundlage der in der Analyse erzielten Punktzahlen nach Reifegraden einzuordnen. Die Ergebnisse zeigen: Organisationen mit entschlossener strategischer Steuerung und einem klaren Rahmen schaffen den Wandel hin zur Offenheit. Der Atlas zeigt auch, dass die Forschungsorganisationen ihre Maßnahmen zur Förderung einer Open-Science-Kultur deutlich verbessern konnten. Die Entwicklung zur Offenheit war an den Universitäten recht ausgewogen; die meisten Organisationen konnten die Offenheit ihrer Kultur deutlich verbessern und den höchsten Reifegrad erreichen. Allerdings zeigten sich hinsichtlich der strategischen Steuerung recht gemischte Ergebnisse, und dass dies der am wenigsten reife Bereich der Offenheit an Universitäten ist.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass einige Forschungsinstitute in der Lage waren, die Offenheit ihrer operativen Kultur zu verbessern, aber die meisten von ihnen bleiben auf der Reifegradstufe 4. Sehr ausgereift bei den Forschungsinstituten ist ihre Offenheit bei der Zusammenarbeit. Zu ihren Stärken gehören darüber hinaus die Grundsätze der Offenheit für Forschungsdaten, Leistungsprinzipien, die die Offenheit unterstützen, und die Übernahme von Leitlinien aus dem Open Science Framework. Im Gegensatz dazu formulieren nur vier Forschungsinstitute in ihren Strategien Grundsätze der Offenheit für Forschungsmethoden. Darüber hinaus sind Grundsätze der Offenheit bezogen auf wissenschaftliche Publikationen und Selbstarchivierung in den Forschungsinstituten nach wie vor unterentwickelt. Die finnischen Universitäten könnten ihnen daher als Vorbild dienen.

Barrieren und Ideen zu ihrer Beseitigung

Die Daten zum Reifegrad und den Barrieren zeigen auch die Stärken und Schwächen der finnischen Forschungsorganisationen bei der Schaffung einer Open-Science-Kultur auf. Zu den wichtigsten Barrieren gehören juristische Unsicherheiten, unverhältnismäßig hohe Anforderungen an die Forscherinnen und Forscher, widersprüchliche Anreize sowie unzureichende Finanzierung und Ressourcen zur Förderung der Offenheit. Da die beiden Barrieren – juristische Unsicherheiten und Fragen der Finanzierung und Ressourcen – auch in einer früheren Umfrage im Jahr 2016 zu den wichtigsten gehörten, weist dies auf die besondere Dringlichkeit ihrer Beseitigung hin. Dennoch gibt es zwischen den verschiedenen Arten von Forschungsorganisationen erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Wahrnehmung von Barrieren. So betrachten Forschungsinstitute widersprüchliche Anreize sowie unzureichende Finanzierung und Ressourcen als die größten Hindernisse. Für Universitäten sind Unsicherheiten bei der Erfüllung gesetzlicher Anforderungen, widersprüchliche Anreize und unverhältnismäßig hohe Standards für Forschende die größten Hindernisse.

Die im Atlas genannten Lösungen zur Beseitigung der Hindernisse umfassen: Leistungsprinzipien und Anreize, Verständnis für die Individualität, Kostenübernahme für Publikationen, Wiederverwendung von Forschungsmaterialien, vertiefte Zusammenarbeit, Entwicklung von Fähigkeiten, Management der Kosten der Offenheit sowie Vertrauen, Zuversicht und Ressourcen. Darüber hinaus wurden spezielle Maßnahmen für die verschiedenen Zielgruppen vorgeschlagen.

Der Atlas zeigt, dass die Forschungsorganisationen mit dem höchsten Reifegrad entschlossen in die Entwicklung ihrer Fähigkeiten zur Förderung der Offenheit investiert haben, und führt Organisationen auf, die als Vorbilder für die Schaffung einer Open-Science-Kultur einer näheren Betrachtung wert sind.

Weiterführende Informationen:

Birgit Fingerle ist Diplom-Ökonomin und beschäftigt sich in der ZBW unter anderem mit Innovationsmanagement, Open Innovation, Open Science und aktuell insbesondere mit dem "Open Economics Guide". (Porträt: Copyright

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