ZBW MediaTalk

von Susanne Melchior und Dr. Guido Scherp

Open Science befindet sich auf dem Weg zur breiten Umsetzung, doch dieser Prozess ist komplex und langwierig. Damit eine gemeinsame Open-Science-Idee entsteht und umgesetzt werden kann, sind Austausch und Vernetzung von zentraler Bedeutung. Das Barcamp Open Science trägt hierzu einen Teil bei und bietet eine niedrigschwellige Plattform für den Austausch über die gesamte Breite an Open-Science-Themen. Dieses Jahr zeigte sich einmal mehr, dass viele Teilgebende die Sessions nutzten, um Themen zu besprechen, die ihnen gerade unter den Nägeln brennen.

Großer Bedarf an Austausch

Bereits zum fünften Mal wurde dieses Format am Vortag der Open Science Conference, dieses Jahr am 18. März, angeboten. Organisiert vom Leibniz-Forschungsverbund Open Science wurde die Veranstaltung beim Verbundpartner Wikimedia durchgeführt. Immer mehr Teilnehmende der Open Science Conference nehmen an dem Pre-event teil. Viele Teilgebende kamen aus Regionen außerhalb des deutschsprachigen Raums, einige sogar von außerhalb Europas, womit das Barcamp internationaler als je zuvor zusammengesetzt war. Insbesondere der Austausch über Open Science in der Breite und mit internationalen Gleichgesinnten machen das Barcamp Open Science attraktiv und einzigartig. Dass das Barcamp nach nicht einmal zwei Wochen ausgebucht war, zeigt, dass es einen großen Bedarf für dieses offene Format gibt.

Stärkere Einbindung der Gesellschaft

Ein fester Bestandteil des Barcamp Open Science ist der “Ignition Talk”, ein Kurzvortrag zur Einstimmung, der Ideen für weitere Diskussionen “zündet”. In diesem Jahr bot Claudia Göbel vom Museum für Naturkunde in Berlin einen Einblick in “participatory research” in ihrem Vortrag “Participatory Research: Extending Open Science beyond the Ivory Tower”.

Darunter versteht man das Engagement der Öffentlichkeit in der Produktion von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Claudia Göbel stellte die Vielfalt dieses Engagements heraus und die verschiedenen Buzzwords unter denen diese zusammengefasst werden. Bürgerwissenschaft, Do-it-yourself-Wissenschaft oder Community-basierte Forschung sind unterschiedliche Konzepte, die alle versuchen, die Einbindung von Nicht-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern in Forschung zu beschreiben. Insbesondere in den letzten zwanzig Jahren gibt es eine Bewegung hin zu mehr Teilhabe der Gesellschaft an Forschung. Hier knüpft auch Open Science an, denn es geht neben dem wissenschaftsinternen Wandel auch um die Eröffnung neuer Perspektiven durch Öffnung gegenüber gesellschaftlichen Akteuren. Claudia Göbel betonte, dass Machtfragen stärker in der Wissenschaft thematisiert werden müssten. Teilhabe alleine stärke Wissenschaft nicht, es gehe darum, wer und auf welche Art und Weise teilhaben kann. “Wer fühlt sich in dem Bereich zu Hause und kann einen Beitrag leisten”.

Diversität von Open Science spiegelt sich im Barcamp wider

So vielfältig wie die Teilgebenden des diesjährigen Barcamps waren auch die Sessions. Viele der Sessions drehten sich darum, wie man das Bewusstsein für Open Science und die Anwendung von offenen Wissenschaftspraktiken an der jeweiligen Institution, in der eigenen Disziplin oder unter Kolleginnen und Kollegen stärken kann. Neben diesen Transfer-Sessions gab es auch einige Sessions, in denen praktische Tipps vermittelt wurden, etwa wie man offene Zitationen bereitstellen oder eine passende Software für das eigene Open-Science-Projekt finden kann. Auch persönliche Erfahrungen, Ziele und Erkenntnisse wurden geteilt, beispielsweise welche frustrierenden Momente Open-Science-Enthusiasten erfahren können.

Open Science in die Communities bringen

Der Veranstalter Leibniz-Forschungsverbund Open Science nutzte in diesem Jahr die Gelegenheit, zwei Sessions in eigener Sache anzubieten. Der Editor der Open-Science-Diskussionsplattform “genR”, Simon Worthington, bot eine Session an, um Feedback und Ideen zur Weiterentwicklung der Plattform zu bekommen. GenR wurde im Juni 2018 mit dem Ziel gestartet, Forschenden einen Überblick über Open Science zu geben und darüber, wie verschiedene Werkzeuge und Praktiken in der eigenen Forschungspraxis genutzt werden können. Die Diskussion hat gezeigt, dass es nicht reicht, Forschenden einfach zu sagen, praktiziert Open Science, da es noch zu viele Vorbehalte gibt. Manchmal ist es daher sinnvoll, den Begriff Open Science zu vermeiden und stattdessen Forschende über Themen wie Reproduzierbarkeit oder Effizienz anzusprechen. Leider hat Open Science immer noch ein Vertrauensdefizit. Deshalb geht es vor allem um eins: Vertrauen aufzubauen. Dies gelingt über konkrete und praktische Empfehlungen, die funktionieren und Mehrwerte bringen. Welche Tools sind sinnvoll, welche Publikationen sollte man sich anschauen, wo sollte ich meine Daten ablegen? Es braucht dafür keine neue Community, sondern bestehende Communities müssen eingebunden werden, um dort entsprechendes Vertrauen aufzubauen. Neben Forschenden sollten gezielt Einrichtungen angesprochen werden, damit diese als vertrauenswürdige Partner die Empfehlungen an die eigenen lokalen Communities weitergeben.

Die Idee des Barcamp Open Science weiterentwickeln

Nach fünf erfolgreichen Jahren mit dem Barcamp Open Science stellte sich auch die Frage, ob und wie es weiterentwickelt werden sollte. Dies wurde in einer Session von Lambert Heller und Guido Scherp thematisiert. Grundsätzlich gab es einen Konsens darüber, die Veranstaltung des Barcamp Open Science als solche so wenig wie möglich zu verändern und “as barcampy as possible” zu halten. Nach drei Jahren in Berlin hat sich allerdings eine stabile Open-Science-Community um das Barcamp herum gebildet, mit Teilgebenden die schon mehrfach teilgenommen haben. Dies führt zu einer Kluft zu Personen, die sich erst seit kurzem mit Open Science beschäftigen. Um diesem Fakt Rechnung zu tragen, könnte es im Vorfeld oder während des Barcamps spezielle Angebote für beide Zielgruppen geben. Neulinge könnten beispielsweise gezielt Einführungen in Open Science bekommen. Zudem wurde ein “Speedmentoring” diskutiert. Teilgebende geben dabei an, welche Expertise sie anbieten beziehungsweise nach welcher Expertise sie suchen. Bei einem Match kann entsprechendes Wissen über ein kurzes Face-to-Face-Meeting ausgetauscht werden.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, das Barcamp Open Science durch weitere Veranstaltungen zu ergänzen. Es können parallel mehrere Barcamps oder zusätzliche, über das Jahr verteilte, Barcamps mit wechselnden Standorten stattfinden. Dabei bieten sich Kooperationen mit anderen Veranstaltungen, Communities, Initiativen oder Einrichtungen an. Die Erfahrungen der letzten Jahre und somit die Idee des Barcamp Open Science selbst könnten auch weitergegeben werden, beispielsweise in Form eines Leitfadens für die Veranstaltung eines Barcamps. Gerade im Kontext von Open Science macht es Sinn, niedrigschwellige und für den intensiven Austausch gedachte Formate wie ein Barcamp zu etablieren. Forschende haben Fragen und wollen diese diskutieren. Deshalb ist ein Barcamp eine sinnvolle Ergänzung für “klassische” Tagungen und eine gute Möglichkeit, das Thema Open Science auch weiter in die jeweiligen Disziplinen zu tragen.

Fazit: Mehr Austauschformate notwendig

Auch 2020 wird es wieder ein Barcamp Open Science geben, das im Kern erhalten bleibt. Wir werden aber die Rückmeldungen aus der Community aufgreifen, um das Format gemeinsam mit den Teilgebenden weiterzuentwickeln. Darüber hinaus werden wir uns für weitere Austauschformate wie das Barcamp einsetzen. Die Erfahrung zeigt, es braucht diese Austauschformate.

Weiterführende Informationen:

  • Sessions mit den dazugehörigen Pads zur Dokumentation
  • Podcasts von Open Science Radio mit den Session-Moderatorinnen und -Moderatoren
  • Autoren:
    Dr. Guido Scherp | Leiter der Abteilung “Soziale Medien” an der ZBW und Koordinator des Leibniz-Forschungsverbunds Open Science
    Susanne Melchior | Koordinationsassistentin des Leibniz-Forschungsverbunds Open Science

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